Was Schuster sich so alles leisten

Gestern habe ich Ihnen versprochen, Sie heute zu überraschen. Hören Sie eine der seltsamsten Geschichten aus dem Fachgebiet Woher, bitte schön, kommt denn diese Redewendung? Wer sich auf diesem Gebiet tummeln will, kommt an ω Professor Lutz Röhrich nicht vorbei. Sein dreibändiges Werk Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten ist einfach ein Meisterstück – aus Fleiß, Bildung, Kenntnis, Forscherdrang. In der Tat: Da röhr‘ ich! (Der musste sein!) Sie haben noch kein Geschenk für die Holde zu Weihnachten? Na, bitte …

Folgen wir also Röhrich bei der Frage, warum der Schuster bei seinen Leisten bleiben sollte.

Nun, denn! Zum Hofmaler ω Alexanders des Großen (© Bild: Wikipedia, frühes Selfie oder auch Augustus S. Andale), viertes Jahrhundert vor Christus, kam ein Schuster. Der gute Handwerker mag das Werk des Künstlers grundsätzlich goutiert haben, aber als Sandalenfachmann bemängelte er die falsche Darstellung des Schuhwerks.

Hömma, soll er in hinterstem Korinthisch gesagt haben, hömma, das Hotte da ist ja gut. Aber die Sandale – ne, Mann, vergiss sie!

Der Maler mosaikpinselte das Fußwerk nach des Schusters Fachkenntnissen um. Der Schuster war’s zufrieden, erst einmal. Dann bekrittelte er aber andere Stellen des Bildes. Kannste nicht die Nase … die ist viel zu groß. Und watt soll der andere da? Und das Pferd schaut ja in die falsche Richtung. Da musse noch ma ran!

An dieser Punkt der Zusammenarbeit von Handwerk und Kunst angelangt und der Krittelei des Handwerkers überdrüssig, soll der Maler gesagt haben: Schuster, nicht weiter als die Sandale!

Allein, das ist 2.500 Jahre her. Kaum nachvollziehbar, dass sich Begebenheit und Dialog so durch die Jahrhunderte schlängelten, halten konnten und heute noch die Basis einer Redensart bilden. Schuster, bleib bei deinen Leisten! Dennoch, sehr unterhaltsam, wie ich finde. Wenn nicht echt, dann gut erfunden.

Alexanders großer Maler war genervt. Sie müssen auch genervt sein, wenn Sie jemanden derart zurechtweisen: Sie haben keine Ahnung von meinem Fachgebiet, Sie! Oder auch: ω Si tacuisses …, neudeutsch: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten!

Das ist starker Tobak. Der italienische Koch mag gute Spaghetti bolognese kredenzen, bei der Zubereitung eines Rinderfilet versagt er. Enrico, bleib bei deinen Nudel-Leisten! Höflich ist das nicht.

Ihnen ein feines Wochenende in Sandalen!

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