Tass Kaff, bitte!

Ob man noch eine Kaffee gratis wolle, das ist die Frage in amerikanische Restaurants nach dem Essen, sofort danach drückt die waitress einem die Rechnung auf den Teller. Wie die Menschen dieses Landes auf die Idee kommen, ihre schwarzes Dünnes Kaffee zu nennen, blieb lange unbegreiflich.

Und daher machten sie sich zur Jahrtausendwende daran, nach europäischem Vorbild, Kaffee anders zuzubereiten – sie brachten eine neue Marotte in die Welt: den geschmacklich manipulierten, sie nennen es flavoured. Als dann jeder zweite Mitteleuropäer plötzlich an Milchunverträglichkeit litt, weil es so modern ist, änderten sie alles. Sie nennen es Starbucks, frei übersetzt: mit mehr Dollars zu den Sternen, ich nenne es Zumutung oder die McDonaldisierung von Innenstadt und Kaffeehauskultur.

Wenn Sie heute einen Coffee mit caramalized coffee flavour auf Kuhdung-Basis zu eingesprungenen Ouze-Flocken auf ökologisch durchtränktem Quinoa-Blatt haben wollen, bitte schön: 4,95 Euro. Die Milch sieht aus wie Milch, ist aber gefärbte Rotkohl-Essenz, und der Becher kommt natürlich vom einwandfreien Anbau aus einem UN-Projekt in Belize. Mein Lieblings-Italiener, und natürlich der beste weltweit, hat noch eine echte Espresso-Maschine und … Bohnen! Kaffee-Bohnen. Die mahlt er vor dem Pressen.

Vor diesem Hintergrund ist das heutige Täfelchen zu nehmen, aufgenommen vom Robert W. aus Berlin, mit Dank nach Babylonien. Tatort: ein Café im Edeka in Zehlendorf. Die Liste der Kaffees ließe sich fortsetzen, der Tees ebenfalls – wo ist Chai Latte, wo Choco Chai w/o Latte, wo der Kaffee ohne Wasser?

Denn den muss es geben, wenn man betont

Aqua Coffea

auszuliefern. Was ist das bitte? Quellendes Quellwasser, der halbe Liter zu 18,90 Euro aus dem Hochland von Äquatorial-Panama, das über eine geteilte Bohne tröpfelt? Mit einem Öko-Abdruck pro Flasche, der meinem Jahres-Öko-Budget entspricht?

Aber das ist noch nicht alles.

Choco Late …

habe ich zuerst auch als Choco Latte gelesen und erst dann bemerkt, dass da ja ein T fehlt.

Nun haben wir zwei Möglichkeiten, das zu lesen. In der ersten Abteilung finden wir ein Wortspiel mit Chocolate, also Kakao, nur in der Schreibung der Kultur-Usurpatoren. Oder lustig. In der zweiten tippen wir auf Schoko für late customers (das ist der Vorschlag von Robert W.). Einen Becker Kakao für Menschen, die um kurz vor Ladenschluss in den Verkaufsraum hetzen und ihre Dröhnung benötigen, voll auf Entzug.

In meinen Augen haben die nicht alle Latten am Zaun, nicht die Hetzenden, sondern die Macher solcher flavoured Besonderheiten.

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