Hauts ab!

Heute gilt es, von Derbheiten zu berichten. Und natürlich wende ich nach der Besichtigung der Derbheit meinem Blick auf das eigentliche Thema dieses Tagebuch: die deutsche Sprache. Wollen Sie wissen, warum Sie das heute erst lesen, wo das Thema doch Mitte Dezember des letzten Jahres akut war? Klare Antwort: Ich wollte den Ärger abziehen lassen und nicht weiter anheizen.

Acht Wochen später ist es möglich. Wir schauen aber zunächst einmal auf die Faktenlage. In Zeiten des harten Lockdowns (Sie erinnern sich: Fünfzehn-Kilometer-Regel), rutschten viele Münchener ins sechzig Kilometer entfernte Tegernseer Tal, einfach um mal zu wandern. Der Münchner parkte. Auch wenn die Parkplätz gesperrt waren. Er parkte seine SUV in Feld, Wald und Aue. Oder er parkte wie Kiezgrößen auf der Reeperbahn: Durchgangsstraße (davon gibt es im ganzen Tal genau: eine), rechte Spur für fünf Stunden.

Dem Tegernseer, mit dem Münchener sowieso nicht so ganz auf Du und Du (ich darf das sagen, ich habe sechs Jahre am Tegernsee gelebt) hat das Treiben des Münchners vor seiner Haustür und auf seinen Wiesen und Bergen überhaupt nicht gefallen.

Davon zeugt ein Schild, das Sie oben abgebildet sehen. Es pappte am Ortseingang der Kreisstadt Miesbach.

Ich darf das Schildchen mal übersetzen, Text auf rotem Grund:

An alle Städter (i.e: Münchner), bleibt zu Hause, wo ihr hingehört und blockiert hier nicht alles, ihr lupenreine Idioten.

Nun, freundlich geht anders. Höflich ebenso, aber dafür ist der Tegernsee ja nicht bekannt. Natürlich versuchten die Honoratioren des Tals, teilweise abhängig natürlich auch vom Tourismus aus München, die Wogen zu glätten. Der Tegernseer Stimme, ein Online-Portal, schrieb darüber das, was Sie im nächsten Bildchen sehen.

Ich wollte mich in den Streit nie einmischen, das steht mir auch nicht zu. Ich schaue aber über die Zwischen-Überschrift, und damit über den Tellerrand hinaus.

„Begrüßungsschild“ am Ortseingang steht da, Begrüßungsschild in Anführungszeichen. Und das ist mein Thema. Warum setzt man in einem solchen Fall Anführungszeichen?

Erstens, weil man das Ding, das Schild, ja irgendwie benennen muss. Zweitens aber insinuiert der Anführende, dass eine Begrüßung stets höflich und freundlich zu sein hat, was diese Tegernseer ja überhaupt nicht ist. Folglich stiehlt man sich um das Wort herum, meint es eigentlich anders und setzt Anführungszeichen. Als wolle man sagen: So, mit diesem Schild, mit diesem Wort habe ich nicht zu tun.

Denn merke: Anführungszeichen zu setzen, ist sehr oft auch eine Distanzierung vom Wort, im Sinne von: Ihr wisst schon, was ich meine, ich meine es natürlich nicht so.

Ich antworte dann im Lektorat: Wenn du etwas nicht so meinst, wie du es schreibst, warum schreibst du es dann? Warum suchst du nicht das eine Wort, das passt?

Nun gut, da haben Sie mich: Ich finde auf Anhieb auch kein Wort, das hier besser wäre. Vielleicht reicht es auch, die Anführungszeichen einfach wegzulassen. Es ist ja ein Begrüßungsschild, wenn auch eines mit dem Stinkefinger.

Oder Sie schreiben so etwas wie: Pöbeln am Ortseingang oder Deutlicher Aufruf am Ortseingang oder Stinkfeiner für Münchner.

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