Kill your darlings

Liebe Leserinnen, liebe Leser meines in den letzten Monaten liegenden täglichen Tagebuchs zur deutschen Sprache. Sie wissen, dass ich Ihnen immer am Freitag etwas anbiete, das zu Ihrer Erheiterung das Wochenende über dienen soll. Heute begeben wir uns mal in den Bereich der leichten Häme, Unterabteilung 1: Hobby-Autoren, Unterabteilung 2: nicht mein Lektorat.

So etwas zu lesen und zu killen, ist mein täglich Brot.

Eine Autorin meint, das Wetter beschreiben zu müssen, und textet lustig …

Dank des Dauerregens, der vom Himmel prasselte, zog der Protagonistin die Kälte bis in die Knochen.

Und dann frage ich Sie: Woher soll der Regen sonst kommen als vom Himmel? Und wie anders nennt man es, wenn der Regen dauerhaft herunterkommt? Prasseln ist dafür ein feiner Ausdruck. Und wäre nicht dieser Satz ohne das Relativsätzchen, das völlig überflüssige, mindestens genauso … na ja, stark?

Dank des Dauerregens zog der Protagonistin die Kälte bis in die Knochen.

Ob das nun ein guter, lesenswerter Satz ist, sei dahingestellt. Auf jeden Fall ist er in der redigierten Variante besser als vorher.

Das zweite Beispiel. Buffalo-Schuhe trug man in den Achtzigern. Ich erinnere mich daran mit Schrecken. Buffalo-Schuhe hießen so, aus welchem Grund auch immer, weil sie Plateausohlen zeigten von mindestens 34 Zentimetern. Das Merkmal der Buffalo-Schuhe war das Plateau – und die regelmäßige Spende des Verbands der Orthopäden an den Hersteller. Ich kenne einige Orthopäden, die sich wegen dieser Schuhe mehrere Fincas auf Mallorca haben leisten können, wo sie bevorzugt barfuß wandeln.

Wenn ein Autor heute an diese Schuhe erinnert und

Buffulo-Plateauschuhe

schreibt, hat er eines der wichtigsten Zutaten des Schreibens nicht begriffen: Quäl dich! Überdenke jedes Wort! Lies alles mehrfach! Und ja, einer der wenigen Motti aus dem Englischen, die ich gelte lasse …

Kill your darlings!

Hier hätte man den Darling killen können. Buffaloes sind Plateaus!

Besonders nachdenkensfrei wird es allerdings am Ende dieses Textes zum Wochenende. Da fragt sich jemand, in diesem Falle ein Kommissar, in welcher mentalen Verfassung er an einem Tatort steht. Wir lesen …

… fragte der Protagonist, der sich kurz wunderte, ob er wirklich wach war oder sich in einem seltsamen Traum befand.

Ist einfach nicht nachgedacht. Das ist ärgerlich. Wir gehen davon aus, dass der Kommissar ein nüchterner, drogenferner, ausgeschlafener, realitätsgebackener deutscher Beamter ist. Ein Kerl von 35, der nüchtern drogenfern, ausgeschlafen und mitten in diesem Leben steht, fragt sich nicht ernsthaft, ob er sich in einem seltsamen Traum befindet – mit Blick auf einen blutigen Tatort.

So leid es mir tut, da hat sich der Autor mal eben was zurechtgebacken, das der Wirklichkeit nicht standhält – merkwürdigerweise aber seinem Lektor oder seiner Lektorin.

So, mein Ärger-Level ist wieder auf Normalnull (ich verspreche Ihnen, über das Wochenende nachzuschauen, ob dies die richtige Schreibweise ist, ich korrigiere es notfalls). Ich wünsche Ihnen sonnige Tage mit ein wenig Gefühl für einen wunderbaren Frühling und einen noch schöneren Sommer. Ich freue mich darauf, Ihnen am Montag ein neues Kapitelchen bieten zu können.

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