Muss man gutes Deutsch sprechen, um putzen zu können?

Diese Stellenausschreibung klebte an der Tür des Bäckers Der Beck (der heißt so!). Der Laden sucht eine Reinigungskraft. Wichtiger als Flexibilität und die Fähigkeit, gut putzen zu können (nicht aufgeführt), ist dem Arbeitgeber augenscheinlich die Fähigkeit, gutes Deutsch zu sprechen. Gute Deutschkenntnisse, heißt es da an erster Stelle.

Malen wir uns dazu ein Bild: Der Putztrupp , der da morgens vor dem Verkaufspersonal, also gegen 5 Uhr ungefähr, einfällt, besteht aus einer deutschen Einweiserin („Geschirrablage bitte auch mal sauber!“), einer Kroatin, einem Ukrainer, einer Türkin – und bald einer neuen Kraft. Wie verständigen die sich? Deutsch. Eigentlich klar.

Aber benötigt man für die Kommunikation vor Ort, beim Beck, gute Deutschkenntnisse? Frau Chefin, soll ich mich nun an die finale Reinigung des Ofenrohrs begeben? – Gibt es Einwände gegen eine Zigarettenpause? – Muss ich auch den Boden unter der Ablage mit Kleenex-Brutal bearbeiten? Oder reicht es da nicht zu sagen: Rohr auch putzen? – Zigarette? – Da auch putzen?

Augenscheinlich nicht. Der Beck will es anders.

Nun könnte ja sonnige Fencheltee-Trinker oder versonnene Ewigklager auf die Idee kommen, das sei diskriminierend.

Ist es aber nicht, sagt das Landesarbeitsgericht Nürnberg in einem relativ frischen Urteil, das auf dem Code 5.10.2011 – 2 Sa 171/11, rk. hört. In dem Fall hatte ein Arbeitgeber, ein internationales Dienstleistungsunternehmen, die Qualifizierung sehr gutes Deutsch zur Stellenanzeige Spezialist Softwareentwicklung m/w verlangt. Die Klägerin, eine Russin, fühlte sich diskriminiert.

Und was sagten das Arbeitsgericht und letztinstanzlich das Landesarbeitsgericht? Das Merkmal sehr gutes Deutsch stelle darauf ab, dass der Bewerber die deutsche Sprache beherrscht – und verlangt nicht, dass er Deutscher ist. Sehr gute Sprachkenntnisse ließen sich grundsätzlich unabhängig von der ethnischen Herkunft erwerben. Die Anforderung sehr gutes Deutsch in einer Stellenanzeige diskriminiere Bewerber nicht wegen ihrer ethnischen Herkunft, wenn die Gesamtschau der Annonce ergibt, dass Tätigkeit und Position ein sehr gutes Deutsch erforderten.

Es handelte sich bei der Stelle nicht um eine Programmiertätigkeit im stillen Kämmerlein, sondern es war geplant, den Bewerber in einem Fremdunternehmen in Deutschland einzusetzen, wo er vor allem kommunikationsfähig sein muss. Gut nachzulesen auf www.arbeit-und-arbeitsrecht.de.

Verstanden! Und der juristische Laie in mir schwadroniert mal herum, ohne das überprüft zu haben: Jemanden wegen seiner ethnischen Herkunft nicht einzustellen, ist diskriminierend und daher nicht zulässig. Gutes Deutsch zu können ist eine Fähigkeit, die ein Arbeitgeber verlangen kann, ein Merkmal, das in Ausschreibungen passt – auch wenn es die Nichtgutdeutschsprecher ausschließt.

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