Hossa, das mögen wir doch. Oder: Wie viel Englisch verstehen wir? Und was verstehen wir? Nun gut, alle Leute meiner Generation, für die Freiheit bedeutete, mit Blumen im Haar und Hanf in der Lunge zu den Klängen von ω Grateful Dead auf einer Anti-USA-Demo ausgelassen zu tanzen, ist es klar: frei von alles, irgendwie. Free from anything. I wanna to be free. Logo!
Heute ist Freiheit auch – Laktosefreiheit. Hey, ich bin voll laktoseintolerant, irgendwie, aber sonst voll tolerant und chillig. Danke.
Wissen Sie, wie viele Menschen tatsächlich laktoseintolerant sind? Rund zwanzig Prozent sagt die Verbraucherzentrale. Und wie viele Prozent der Milchprodukte der Variante laktosefrei werden verkauft? Dreiunddreißig Prozent. Sicher ist sicher. Und vielleicht habe ich ja das Glück, tatsächlich auch so cool laktoseintolerant zu sein oder zu werden.
Mit geht es nicht darum, das wissen Sie. Ich schlürfe meinen laktosefreien Tee aus entspanntem chinesischen Biobauern-Anbau und begebe mich mal an den Begriff free from. Und stimme die immerselbe Litanei an, seit Jahren mit demselben Kopfschütteln und mittlerweile beinahe nachgiebig, weil es langweilt …
Warum Englisch? Why so english?
Meint ihr, ihr Milbonas, auch nur eine Tüte eurer Industriemilch mehr zu verkaufen damit? Mal echt jetzt? Oder hat euch da nur die Abteilung Marketender den Floh ins Ohr gesetzt, mit gekauften Studien von der Private University of Free From from Freetown, Sierra Leone – Honorar: ein Konsulsposten im Ressort Ernährung, Mitgliedschaft in der Fifa und zwei Liter Milch, echte, von Kühen, die mal Weidegrün gesehen haben.
Und dann kam der Designer angewatschelt …
Wir müssen das Ganze noch ein wenig butterig privater machen. Hey, die Käufer sollen denken, diese Milch komme von einer kleinen Milchfarm um die Ecke auf dem Land, saftige Wiesen und so, auf der die Etiketten mit der Hand geschrieben werden. Von Muttern. Also simulieren wir eine Handschrift und sind mit dem Englischen topmodern. Das bringt’s! Hier meine Honorarnote und kommt mir nicht wieder mit ’nem Honororposten und der Fifa, ich will’s auf meinen Account in der Schweiz.
So war das. Und dann geht es in die Regale von Lidl. Und mein Freund Thomas Z. geht am Tegernsee in eine der Filialen und sieht das, knipst den Tetrapak Milli – der Name Milbona muss übrigens auch unter Hanf (siehe oben) entstanden sein: die Milli ist bona, oder? – und schickt mir das Buildl, danke Tom!
Wer übrigens glaubt, diese Milch – because of free from lactose – sei unweigerlich von Kühen gezapft, die glücklich auf Weiden stünden und aus diesem Glück heraus keine iiibääääh Laktose produzierten, möge sein Hirn mal kurz unterm Aluhut wegnehmen. Die Viecher von Milbona – ein Unternehmer der Müllermilch-Gruppe – haben nie auch nur einen einzigen Grashalm gesehen, geschweige denn wiedergekäut.