Welcher Fall steht denn bei „während“?

Bildschirmfoto 2013-02-19 um 17.13.00Solche Zettelchen sind immer nett. Sind sie echt, zeigen sie doch etwas von vom deutschen Arbeitsalltag – sind Sie sie eine Fälschung, bleibt zumindest ein gewisser Unterhaltungswert, auf der Suche nach einem Eimer Druckluft. (Korrekturen am 31. März 2021)

Wie dem auch sei, mir geht es hier um das während in der zweiten Zeile. Diese Konjunktion beißt ein wenig. Sie schmerzt. Sie schmerzt, weil während hier mit dem Dativ genutzt wird: während dem Telefonieren. Das ist natürlich grottenfalsch. Die Konjunktion während schreit geradezu nach dem Genitiv: während des Telefonierens, mit dem substantivierten Infinitiv*: telefonieren – das Telefonieren, des Telefonierens – als einzig gültiger Genitiv-Konstruktion.

Alles klar?

Nein, ich liege falsch, und Sie sind mir auf den Leim gegangen. Auch wenn es Ihrem und meinem Sprachgefühl arg entgegensteht, ein Zitat aus dem Duden hilft uns auf die Sprünge: <umgangssprachlich auch mit Dativ:> während dem Essen darfst du nicht sprechen. Während dem Essen – während dem Telefonieren. Der Genitiv ist zwar eleganter, falsch ist der Dativ aber nicht.

Aber der Duden setzt noch zwei drauf: Während allem diesem Gerede war die Alte … ganz ungestört mit ihrer Zubereitung fertig geworden. – Wir haben während dem Bau des Schlosses mit so vielerlei Menschen zu tun gehabt. Das erste Zitat stammt nicht etwa vom Neuköllner Kiez, sondern von Clemens Brentano (1778 – 1842), das zweite von Johann Wolfgang von Goethe. Und wir lernen, dass jene Konstruktionen, die der Duden heute als umgangssprachlich einstuft, von deutschen Klassikern ohne Vorbehalt geschätzt wurden.
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
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Mit dem Thema substantivierter Infinitiv befasse ich mich in der Februar-Ausgabe des Deutschen Sprachkompasses ausführlich. Auf dem Zettelchen finden wir noch einen, direkt neben dem Druckluftmessgerät: … vor Lachen!

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