Na &?

131114_Gestachel

Sein Sprachverständnis schulen kann man an ganz normalen Texten. An Texten wie diesem. Einem Text, den die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben verfassen lassen und den mir ein Leser freundlicherweise zukommen ließ. Auch dieser Text, den Sie gerade lesen, ist ein normaler Text, und weil ich behaupte, dass man sich an jedem Text schulen kann, machen wir die Probe aufs Exempel: Exempel hier: mein dritter Satz, also dieser: Einem Text, den die Berliner Verkehrsbetriebe haben verfassen lassen und den mir Leser Werner Klose freundlicherweise zukommen ließ. Klären wir Fragen ab.

(1) Darf man einen Satz mit einem Dativ (… einem Text …) beginnen, und steht der Dativ da richtig? Antwort: Ja, auf beide Fragen. Natürlich darf man einen Satz mit einem Dativ beginnen, sonst wäre ein Satzanfang wie … einem Gerücht zufolge … verboten. Und dass der Dativ dort richtig steht, zeigt die Tatsache, dass dieser Satz in einer Kongruenz* den Dativ des Vorsatzes (… an Texten wie diesem …) aufnimmt.

(2) Muss nicht im Beispielsatz vor dem UND ein Komma stehen? Nein, weil es sich um ein stinknormale Aufzählung handelt.

(3) Ist … verfassen lassen … richtig? Muss es nicht sein. Aber ich gehe davon aus, dass die BVG die Textschreiberei an eine Fremdfirma vergibt. Dann ist die BVG presserechtlich verantwortlich, auch als Auftraggeberin.

(4) Ist … zukommen ließ … die richtige Zeitform? Nun dürfen wir streiten. Wir streiten darüber, ob die Handlung abgeschlossen ist oder nicht. Eine unvollendete Vergangenheit, Präteritum, hier verwendet (… zukommen ließ …), deutet an, dass die Folgen der Handlung anhalten: Herr Klose ließ es mir zukommen, und ich arbeite damit. Das war die erste Möglichkeit. Die zweite: … hat zukommen lassen … Perfekt, vollendete Gegenwart. Ginge auch.

So, und nun zur Notiz, die Sie da oben sehen (Quelle: BVG plus 11/12/2013, Seite 38). Herr Klose hat umrahmt, was immer wieder verbaselt wird: das Kaufmanns-Und statt des einfachen Und. Ist falsch. Ist grottenfalsch! Ist aber modern: Zur Hochzeit von Elli & Klaus laden wir Euch alle ein. Bringt Verwandte & Kuchen mit! & natürlich gute Laune & kein Auto, da es ja Alkohol & andere feine Sachen im Übermaß gibt.

Noch einmal: Das Kaufmanns-Und, auch Et-Zeichen genannt (vom lateinischen et, und), darf nur in Verbindung mit Firmennamen stehen. Ich darf aus diesem Text zitieren: Wir haben uns auch daran gewöhnt, dass man das Kaufmanns-Und, das &, überall nutzt, wo es gerade passt – wenn man ein und schreiben will. Eines ist idiotisch, das to go, eines ist falsch, das &. Denn das & ist nur statthaft zwischen zwei Namen einer Firma, Heier & Feier Finanzberatung – Loh & Order Rechtsanwälte.

Und sagen Sie dies auch dem Fischhänder, der Fisch & Mehr an seinen Laden pinselt.

Genug gemeckert? Mit Cousinen, um Heinz Erhard zu zitieren, mitnichten. Ich habe diesen Text absichtlich mit deinem schrägen Dativ begonnen, um hier einen Dativ einzuklagen im Text der BVG: … beherrscht den Spagat zwischen bösem Gestachel und charmanter Unterhaltung …

Mit dem(!) Dativ wäre es mir(!) dort wohler …
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
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Unter Kongruenz versteht man die Übereinstimmung bestimmter Merkmal in einem oder mehreren zusammenhängenden Sätzen. Der Junge spielte im Hof. Er warf den Ball gegen die Wand. Er ist kongruent zu der Junge, kongruent in Numerus (Einzahl) und Genus (Geschlecht). Er warf den Ball einer Frau entgegen, die Einkaufstüten trug. Alles klar? Aber lassen Sie mich noch einen Satz aus Wikipedia zitieren, der hier gut passt: Als KNG-Kongruenz (Merkhilfe: KöNiGs-Kongruenz) bezeichnet man die Übereinstimmung von Kasus (Fall), Numerus und Genus bei Determinanten, Adjektiven und Nomen einer Nominalphrase. Anders gesagt: Die übrigen Wortarten folgen dem Nomen in Kasus, Numerus und Genus nach.

Muss also alles passen, irgendwie …

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