Mit Focus auf Culture-Denglish-Halluzinations-Kurs

140108_Bachelor

Zunächst einmal, verehrte Leser, fragt sich der geneigte Leser, warum über diesem Text aus Focus online der Begriff Kultur steht. Hat es etwas mit Kultur zu tun, wenn der Internetauftritt des Münchener Magazins sich mit den 22 Damen befasst, die darauf hoffen – vermittelt durch RTL –, eine gute Partie zu machen? Focus online erlaubt es sich tatsächlich, alle 22 Mädchen (Nadine, 22, Friseurin aus dem schönen oberbayerischen Pleiskirchen, mit den Traummaßen …) vorzustellen. Die Chronistenpflicht gebietet es, auf die vollständige Verknüpfung hier hinzuweisen.

Nehmen wir Angelina. Die modelt augenscheinlich an der Fachschule für Sozialpädagogik. Oder wie verstehen Sie diesen Satz sonst? Will nur ich ihn so lesen? Nicht nur das. Langeweile, weiß Focus, ist für sie ein No-Go. Also ein Geht-überhaupt-Nicht. Mehr noch. Ein absolutes No-Go. Wenn etwas ein No-Go ist (schon das Wort, übrigens, ist ein No-Go, wie ich finde), ist es doch schon superlativitsch, oder? Warum dann absolut? Weil es gleich noch einmal vorkommt. Auch der Gentleman, welcher der Herr für Angelina sein muss, muss ein absoluter Gentleman sein. Wie unterscheiden wir den einfachen Gentilhomme vom absoluten Gentleman. Der eine hält nur die Tür und den Mantel auf – der absolute auch die Geldbörse, dauerhaft? Jaaaa, denn Angelina will aus der Börse des von RTL vermittelten Gatten vor allem ihre ausgedehnten Shopping-(No-Go!)Trips finanzieren. Liebe Focus-Schreiber, ein Trip ist eine Reise, ein Ortswechsel – einmal abgesehen von der kleinen Reise unter Drogen, die wir ebenfalls Trip nennen. Ihr meint doch wohl die Einkaufstour, oder? Besser: Die will ja nur einkaufen …

Nehmen wir Anna. Die macht was in Etikette, in Business-Etikette. Wenn schon, dann doch bitte mit Bindestrich, nicht wahr? Anne sucht auch nach einem Mann, der sich um einen Platz in ihrem Herzen bewerben möchte. Ich stutze mal kurz. Ist eine Bewerbung nicht immer ein Ansinnen, ein Etwas-erreichen-Wollen? Reicht es dann nicht aus, nur bewerben zu sagen – und das möchte zu streichen? Sie sucht nach einem Mann, der sich um einen Platz in ihrem Herzen bewirbt. Und Sie sehen schon, bei der Betrachtung dieses Satzes fällt auf, dass der ganze Satz blödsinnig ist. Sie sucht jemanden, der sich bewirbt …?

Nehmen wir Anne. Sie ist Make-Up Artistin. Oh, mein Gott! Zunächst einmal schreibt man Make-Up so: Make-up. Warum sollte man diesen englischen Begriff aus einem Verb und einer Präposition dadurch adeln, dass man die Präposition up großschreibt? Schon bei der Schreibweise No-Go wundert es mich, dass der Duden das Verb go großschreiben lässt. Und dann ist die Dame natürlich keine Artistin – dafür veranstaltet sie zu wenig Zirkus, sie hängt ja nicht unter der Kuppel! –, sondern einfach nur eine (ich huste innerlich, aber vernehmbar …) Künstlerin, und die hat in der deutschen Übernahme des Wortes artist ohne die weibliche Endung auszukommen. Hier lesen wir ein wunderbares Beispiel für die Idiotie des Deutschen, sich dem Englischen anzupassen: Der Make-up artist, also auf gut Deutsch: die Maskenbildnerin, der Maskenbildner, ist – wenn mich nicht alles täuscht – im Englischen geschlechtsneutral. Allenfalls würde man vielleicht sagen female make-up artist. Aber das Deutsch der Durch-Anglizisierten übernimmt, schwups, das Englische und hängt eine deutsche Endung an. Liebe Leute, die Dame ist Maskenbildnerin. Aber im RTL-Land klingt das zu wenig nach Laufsteg und zu sehr nach Theaterbühne. So ein Theater aber auch!

Damit wären wir ja bei der Kultur! Und damit stimmte auch die Ressort-Kennung des Focus‘ über diesem Artikel.

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