Ich würde Ihnen ja gerne diesen Satz Schritt für Schritt zerpflücken. Aber das langweilte Sie nur – und Langweile ist das Mieseste, das Texte hervorrufen sollten. Spare ich es mir also. Und bitte sie lediglich, sich den Satz aus der FAZ anzuschauen, der in der dritten Zeile beginnt – mit einem Dass so gut wie nichts …
Herrschaftszeiten, dieser Satz geht bis ans Ende des Absatzes! Diese Satz hat 89 Wörter.
89!
Der ehrwürdige Wolf Schneider, einer der Großen der deutschen Sprachlehre, pflegte Menschen zu töten, die ihm Sätze mit mehr als 35 Wörtern vorlegten. Dieser Satz führte wohl dazu, dass Schneider den Autor zu einer Woche RTL2 verbannte. Ein Graus!
Der Autor kann sich nur darauf berufen, dass er einen kleinen Trick anwendet. Der Trick heißt Semikolon. Dieses Semikolon stellt zwei Sätze parallel, die abhängen von einem Verb: ablesen: … das ließ sich allerdings schon daran ablesen …, und dann folgen zwei Sätze – getrennt durch diesen Halbstrich –, die mit dass beginnen: … dass sogar Ronaldo … und … oder daran, dass …
Aber das rettet den Satz nicht. Denn dieser Satz kommt nicht nur mit einem schrägsten, weil hilflos schwachen Hauptsatz daher: Dass so gut wie nichts mehr stimmt in Brasilien, das liess sich schon … ablesen … Es gibt nur wenig schwächere Einsteige im Deutschen als ein Dass-Satz. Zusätzlich blähen diesen Satz Nebensätze und Apposition auf – vier habe ich gezählt –, die allein schon eines Hauptsatzes würdig wären. Der unwichtigste ist die Avatar-Aussage über Herrn Ronaldo, ebenso weniger wichtig: die Erwähnung, dass Brasilien fußballlverrückt ist.
Und wissen Sie was? Neben all den Klagen über diese 89 Wörter: Der Satz hat keinen Fehler. Und dennoch: Der FAZ nicht würdig …