Neues vom Arm des Marquis

150528_Markiese

Da hat sich die Firma, die Gartenmöbel verkauft aber auch gleich die ganz schwierigen Wörter vorgenommen, die ganz, ganz schwierigen. Nein, nicht die der Kategorie Kollateralschaden oder so. Nein, hier geht es um solche Wörter wie Vollkassettenmarkise und Gelenkarmmarkise, lies: Gelenkarm-Markise. Die muss man erst einmal richtig sprechen können, Herrschaftszeiten!

Aber erst einmal stille ich Ihren Wissensdurst. Sie haben sich doch sicherlich schien seit heute morgen 7:31 Uhr gefragt, also bei der Lektüre der Morgenpost auf der Chaiselongue in Ihrem Salon, woher denn bitteschön, das Wort Markise kommt. Aber dafür lesen Sie dies hier ja. Auf dass einer Ihnen derlei lebenswichtige Fragen mit leichter Hand geantwortet.

Das mit der Markise war nämlich so: Stellen Sie sich mal vor, wie es war, als der Franzose das Rheinland besetzt hatte. Die soldatische Fußvolk lag da in Zelten auf den Düsseldorfer oder Kölner Rheinwiesen. Ihre Behausung war eine einfache, jedenfalls hatte sie kein dekoratives Vordächchen, das dann wohl Paraventparapluiesimple geheißen hätte – oder so ähnlich. Die Offiziere jedoch, die Marquis (Plural), hatten so ein Vordächchen am Zeltchen – und sie waren, so geht die Überlieferung – darauf sehr stolz. Unter sich nannten die Offiziere das Vordächlein einfach Le Fordach, schließlich lag man ja en Allemagne, was es damals noch nicht so richtig gab, ist aber auch egal.

Sie kennen sich geschichtlich nicht so aus? Dann ein kurzer Einschub. Also, die Franzosen wuselten in der Zeit kurz vor, vor allem aber nach 1800 durchs Land und über den Kontinent, bis zur Neuordnung Europas, als 1815 der Kongress in Wien tanzte und der französischen Revolution von 1789 noch einmal zeigt, wie Adel echt funktioniert. Eine deutsche Nation bildete sich aber erst gegen Mitte des 19. Jahrhunderts heraus. Darum kann der Franzose nicht Allemagne gesagt haben, höchstens Le Rhin oder Cologne.

Zurück zum Le Fordach, was natürlich eine freie Erfindung meinerseits ist. Die gemeinen Soldaten machten sich über Le Fordach lustig. Und nannten es so, wie die Grande Armée in grauer Vorzeit mal die Offiziere genannt hatte: Marquis. Warum hießen die Offiziere nicht mehr Marquis? 1789? Revolution? Kopf ab dem Adel! Ah, da klickert es, oder?

Der gemeine Soldat befleißigte sich also, Le Fordach zu veralbern. Und kam nach dem dritten Glas Champagner an Foie Gras beim Singen der Marseillaise in der Nähe von Neuss (Novesia) auf die Idee, Le Fordach von nun an marquise zu nennen. Une marquis. Deux marquises. So war das.

Der Herr Duden hatte davon Wind bekommen. In meinem Duden von 1932 finde ich das Wort. Ich vermute stark, dass es das schon in älteren Duden-Ausgaben gab. Der Digitale Wortschatz der Deutschen Sprache (dwds.de) sagt in seiner etymologischen Abteilung dazu: Noch im 1. Drittel des 18. Jhs. gelangt das Substantiv in dieser zunächst wohl scherzhaft übertragenen Verwendung ins Dt.; von der 2. Hälfte des 18. Jhs. an ist es hier vor allem in dem davon abgeleiteten Sinn ‘leinenes Sonnendach vor Fenster oder Tür’ üblich (bis Mitte 19. Jh. meist in frz. Schreibweise Marquise).

Haben wir das also mal geklärt, endgültig. Dass der Gartenmöbelfachmarkt das Wort Markise immer richtig schreibt, freut den gemeinen Soldaten sehr. Wenn er heute auf den Rheinweisen bei Neuss sein Campingzelt – Modell „Le Grand Marquis“ – aufstellt, wird er seinen Kindern erzählen, dass es wieder einmal die Grand Nation war, die den Currywursst-Fressern ein paar gute Wörter beschert hat, à la bonheur, mit Charme auf dem Trottoir ohne Affaire, oder so. Warum dann, am Ende des Textes, das Modell Sunlight als Seitenmarkiese (mit ie) verkauft wird? Verkauften Sie nur eine Markise mehr, hätten sie sich einen leisten können, der fremde Texte …

 

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