Der Oberste Rat der Deutschen Sprache, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Unterabteilung Blogger, Referat Blogger in Bayern, Querstrich deutschmeisterei, mein Aufsichts-Rat also, der über alles wacht, was ich tue, in persona eines Strickjacken samt Lederschonern tragenden, pensionierten Lehrers mit Bezügen auf dem Niveau eines Staatssekretärs, dieser Dr. Rudolf Kruse hat mir gestern einen handgeschriebenen Brief vorbeipostkutscheln lassen, der aus ein paar Wörtern bestand: mehr Grammatik, nicht so lustig. Ein Bitte fehlte. Der Herr Kruse ist humorlos; er hat über Hildegard von Bingen promoviert.
Und da ich auf den Obersten Rat angewiesen bin, Sie verstehen: monatliche Zahlungen! Cannes! Knäckebrot!, füge ich mich und haue Ihnen heute was richtig Schweres um die Ohren.
Wir beginnen mit dem Unterschied zwischen transitiven und intransitiven Verben. Das hat er nun davon, der Herr Dr. Kruse!
Transitive Verben regieren einen Akkusativ. Ich sehe den Herrn Dr. Kruse. Klar, oder? Herr Kruse ist der Akkusativ, sehen ein transitives Verb. Intransitive Verben können das nicht. Sie brüllen nicht nach einem Akkusativ. Kommen, beispielsweise. Wie wollen Sie nach kommen einen Akkusativ quetschen?
Und nun kommen wir zu dem Bildchen, das Wissen um transitiv und intransitiv wohl abgespeichert. Wir schauen auf den Satz Nicht nur Frieder hatte sich erschrocken, ungefähr in der Mitte. Und wir schauen auf das Verb erschrecken. Ich kann jemanden (Akkusativ!) erschrecken. Ich erschrecke – erschreckte – habe erschreckt Herrn Kruse. Ist erscheinen transitiv – so wie in den Beispiel mit Herrn Kruse im Akkusativ –, ist es ein schwaches Verb, es wird normal gebeugt.
Kommt erschrecken intransitiv daher, mutiert es zum starken Verb mit der Beugung erschrecken – erschrak – erschrocken. Ich erschrak (als ich Herr Dr. Kruse sah). Ich habe mich angesichts seines Aussehens erschreckt. Nix Akkusativ, Sie sehen es schon. Aber: Er schreckte mich im Akkusativ. Dürfte klar sein, oder?
Ganz anders verhält es sich aber, wenn erschrecken reflexiv kommt, so nennt man es, wenn ein Verb sich(!) mit sich(!) verbindet(!) – sich verbinden ist so eines, sich erschrecken auch. Und da ist der Duden – also die Instanz unter meiner ärmelgeschonten Aufsicht – einer sehr deutlichen Meinung: Der reflexive Gebrauch von sich erschrecken sei nicht standardsprachlich, hört!, hört! Es träten, so Gutes und Richtiges Deutsch, der grüne Duden-Band, weiter, sowohl starke als auch schwache Flexionsformen auf, sodass beides richtig ist: Ich habe mich erschreckt und Ich habe mich erschrocken.
Das ist starker Tobak. Ehrlich gesagt, ich wusste das so nicht. Und ich danke dem Leser Klaus H. aus BaWü, der dieses Beispiel Roland Muellers Roman Das Erbe des Salzhändlers entnommen hat.
Mal sehen, was der Ärmelschoner dazu sagt … und schwups, da haben wir schon die Depesche: Mich aus dem Spiel lassen. Es erschruk mir, mein Namen zu läsen.
Und dann, augenscheinlich in Rage: Und noch etwas, Sie Schreiber! In diesem Jahr haben Sie dreizehn Mal gegen Ihre eigenen Vorgaben verstoßen. Nun zum vierzehnten Mal. Einen Satz mit 59 Wörter wie den ersten da oben will ich nie wieder sehen. Auch wenn er – zu meinem Bedauern – fehlerfrei zu sein scheint. Weitere Prüfung bis zu Ihrer Entlassung Entlastung sind angeordnet.
Auch gut!