Wenn Sie die Güte hätten, bitte schön, einmal zurückzublättern in diesem kleinen feinen Tagebuch oder sich des Knupfs zu bedienen, der am Ende dieses Abschnitts steht. Anfang Januar hatte ich Ihnen einen Text aus der Süddeutschen, der geschätzten, vorgestellt, eine Restaurant-Kritik. Ein Herr Lende hatte es aufs kunstvollste (jaja, kleingeschrieben, da adjektivisch: Wie tat es Herr Lende?) geschafft, einen Satz mit 55 Wörtern stolperfrei und humorvoll auf den Punkt zu bringen. Sie wollen es noch einmal lesen? Dann klicken Sie hier.
Paahhhh, denken Sie, Journalisten! Die hohe Literatur würde so etwas … Stopp! Walser? Mann? Die konnten das auch.
Im Ausschnitt oben lesen Sie eine Passage aus Dörte Hansens Altes Land, allerfeinste Belletristik, von Dennis Schenk hochgelobt und auf der Spiegel-Liste auf den ersten zehn Plätzen. Als ich diese Passage gestern las, stockte ich – und dann zählte ich die Wörter dieses einen Satzes, der mit ALS beginnt und mit AUS endet: sechsundsechzig. Und ich sage Ihnen, warum ich stockte. Der Satz ist, fraglos, kunstvoll, er kommt gut voran, er schreit nicht nach einer Pause, er erzählt eine Handlung, als betrachte man die kurze Szene eines Films.
Ich stockte beim zweiten Nebensatz des mit einem Nebensatz (Als im Juli die Kirschen reif wurden …) beginnenden Konstrukts, dessen Hauptsatz beginnt mit … stampfte Vera … Der zweiten Nebensatz, untergeordnet dem ersten (… um die Stare zu vertreiben …), lautet: … die sich in riesigen Schwärmen auf die Kirschbäume stürzten …
Da hake ich. Mein Gefühl sagt, dass der zweite Nebensatz holpert, dass er den Rhythmus stört. Und dann stehe ich da. Denn nun fragen Sie, wie Frau Hansen es denn sonst hätte lösen sollen? Ehrlich?
Keine Ahnung. Denn wenn sie die Information der in Formation anfliegenden Stare halten will, muss sie da stehen. Und ein Ausweichen über … um die sich in riesigen Schwärmen auf die Kirschbäume stürzenden Stare zu vertreiben …?
Ich weiß es nicht. Das Störgefühl bleibt.