Das Verb als Wurm … -fort- … äääähhh, -satz im Satz, das Verb also

160222_HeißhungerZum Beginn einer Woche, die eine gute werden mögen für Sie, mute ich Ihnen einen kleinen Text zu, ach was, nur einen Satz, also ein Monster, und dennoch nur einen Satz, ein Satz-Monster, einen monströsen Satz. Lesen Sie bitte von vorn – bis zum Wort sabotieren.

Wohlan, das Ding hat rund 35 Wörter, noch erträglich. Da hatten wir schon Schlimmeres, nicht wahr?

Und nun? Ich helfe Ihnen mal auf die Sprünge. Der Hauptsatz lautet: Am frühen Nachmittag drohte Heißhunger seinen ersten zarten Versuch abzuspecken zu sabotieren. Über den doppelten Infinitiv mit zu lasse ich mich hier nicht aus; der ist in hohen Maße unfein. Über die Kommata am Ende lasse ich mich hier auch nicht aus; sie sind hanebüchen, glaube ich. Muss ich nachdenken.

In diesen Satz hat der Schreiber eine Reihe von Anmerkungen, Beifügungen, nennen wir sie Appositionen, geschoben (und ein doppeltes Zeuge gelassen), die den Satz so unappetitlich machen wie die Mordsache Badesee.

Geben Sie es zu, Sie mussten zwei Mal lesen, um das Getüm zu verstehen. Kurzfassung, kostenlos: Hauptkommissar ist hungrig, muss dennoch aussagen, wieder aus dem Gericht, Hunger, obwohl ihm die – ich bitte um Nachsicht, ich wollte dieses Wort einmal im Leben öffentlich benutzen – Ökotrophologin anderes geraten hatte. Heißhunger sabotiert Fettweg und Diätplan.

Und was sehen dann Ihre und meine entsetzten Augen? Den Infinitiv  zu sabotieren am Ende. Das entscheidende Wort, das Verb, das Wort, auf das der ganze Satz baut, das wichtigste, das stärkste Wort in jedem Satz, den sinngebenden Teil des Satzes – am Ende.

Hier ist dieser Makel besonders auffällig. Warum? Weil es auch hätte heißen können … zu beflügeln … aufzumuntern … oder so etwas. Der Leser müht sich; er muss geschlagene vierunddreißig Wörter voller Plumpaquatsch (Zeugenaussage, Mordfall, der zurückliegt, samt Appositionsgeschachtele) hinter sich schaffen, um endlich den Sinn zu begreifen.

Wie sagt der geschätzte Wolf Schneider: Einer muss sich quälen, entweder der Schreiber oder der Leser. Schauen Sie hier, auf meine Lektorenseite. In diesem Beispiel hat der Autor die Rollen klar verteilt: Quäl dich, Leser! Ich polier mir mal die Fingernägel …

Besonders ärgerlich hier: Sie lasen den ersten Satz des Buchs. Ich würde es weglegen respektive nicht kaufen. Ach ja, wie immer keine Namen, keine Titel: Heißhunger ist lediglich eine Kapitelüberschrift.

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