Drecks-Wort

160330_Drecks01Heute mal eine Lektion aus der Ecke Kann Ihnen niemand erklären, kommt aufs Sprachgefühl an. Bitte, ja, so etwas gibt es im Deutschen. Beim Fugen-S zum Beispiel, jenem Buchstaben, den man manchmal zwischen die beiden Begriffe eines zusammengesetzten Nomens klemmt, um es verständlicher zu machen. Nicht ganz klar?

Warum heißt es Kalenderblatt, aus Kalender und Blatt? Und warum heißt es Offizierskasino, aus Offizier und Kasino – aber eben mit dem Mörtelbuchstaben S zwischen den beiden Nomen? Soll ich Ihnen die Wahrheit sagen? Niemand weiß es.

Stimmt nicht ganz, denn einige haben aus verschiedenen Beispielen Regeln abgeleitet, bei denen aber die Listen der Ausnahmen mehr Platz einnimmt als die der Regeln selbst. Oder wie wollen Sie Hungertod von Hungersnot differenzieren? Und im Rathaus, unverfugt, tagen die verfugten Ratsherren, Thema: Die Verfugung der Landsmannschaften im gänzlich fugenfreien Landtag. Noch Fragen?

Quintessenz: Machen Sie doch, was Sie wollen! Hören Sie auf Ihr Sprachgefühl; das ist eh das wichtigste Instrument in Zweifelsfragen.

Am Beispiel oben lässt sich das Fugen-S etwas differenzieren: Immer noch hatte sie den Dreckstriemen im Gesicht … Da steht zwar ein S in des Wortes Mitten, aber die Schlauen unter ihnen haben schon erkannt, dass es sich um den ersten Buchstaben von Striemen handelt, nicht wahr? Also kein Mörtel-S in diesem Beispiel aus einem Buch, das ich Ihnen demnächst ans Herz legen werde. Der Striemen ist ein Striemen aus Dreck, kein Wunder, die Dame war eben noch am Abgrund aus Wasser und Schlamm.

160330_Drecks02Im zweiten Beispiel haben ich mal spaßeshalber ein S eingefügt – und Sie sehen, in diesem sehr speziellen Fall schiebt der Mörtler dem Wort eine andere Bedeutung unter: Es ist nicht mehr der Striemen aus Dreck, es ist dieser verfluchte Scheißmiststriemen, der gottsverdammichte: der Drecksstriemen. Das vorgeschaltete Drecks hat mit Schlamm nicht mehr viel zu tun, es wird zum Begriff, der Abfälligkeit andeutet, eine Art Schimpfwort: Dreckshund, du bist der letzte Dreck (kommt nicht aus der Abfallwirtschaft!), ich kümmere mich einen Dreck darum.

Fast gleiches Wort – völlig andere Bedeutung. Und da sage noch einer, die deutsche Sprache sei leicht. Pustekuchen!

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