Mal eben knipsend …

Gestern ging es um Fotografen, die keine sind. Die knipsen einfach nur. Ich bin auch so einer. Dieses Bildchen habe ich geknipst mit dem iPhone, unter miesen Lichtverhältnissen, das Lesegerät Kindle auf den Knien. Nachsicht, bitte … Und auch mit das(!) Schreiber*Iin der Zeilen im Bildchen. Wie immer keine Namen, keine Titel.

Nicht mehr ganz lesbar der Satz …

Jeder Atemzug fühle sich wie ein weiteres Messer an, das ihr ins Fleisch gerammt wurde.

  • Ein Atemzug, der sich wie ein Messer anfühlt? Nein, sie fühlte jeden Atemzug so schmerzhaft, als ramme ihr jemand ein Messer ins Herz.
  • Ein weiteres Messer? Hey, selbst wenn der Täter ein ganz, ganz böser Schurke sein sollte … wechseln Messerstecher beim Stechen mal eben die Messer? Beim ersten Stich nehme ich mal das gemeine Brotmesser vom Küchentisch – dann habe ich noch meines aus Dameszener Stahl, handgefertigt in Mönchengladbach, dreiundreißig Zentimeter – und ja, das auch noch, Solingen 1954, elf Zentimeter – und die Japaner erst … Sushi, Kugelfisch und natürlich Menschenherz …

Blödsinn, oder? Beim Schreiben nicht nachgedacht.

Weiter im Text, und aus diesem Grund habe ich das Bildchen unter allermiesesten Bedingung geknipst: Lese ich diese Partizipien im Präsens, in der Regel auf der Endung –end, spüre ich Stiche von japanischen Kugelfisch-Tranchiermessern in meinem Wohlfühl-Sprachzentrum. Beispiele?

  • Mit den Augen alles absuchend(,) stierte er in den Briefkasten …
  • Heftig seinen Kopf schüttelnd(,) verneinte er das Gesagte.
  • Immer wieder den Bus nehmend(,) kannte er bald die ganze Stadt.
  • Die Stiche ignorierend(,) zog sie sich hoch.
  • Schwankend kam sie auf die Füße … (Die letzten beiden Beispiele aus dem Schlechtgeknipse)

Meine These: Es hört sich an wie 1890 geschrieben. 1890 war Schreiben noch so etwas wie ein kultureller Schöpfungsakt. Hört sich gebildet an, kultiviert, wie meine Mutter es immer sagte. Hey, Leute, liest sich doch klasse, oder? Klingt edel. Ist aber in meinen Augen ein übersteigerter Ausdruck, hochgequirlt, aufgeschäumt, Bedeutung vorgaukelnd(!).

Und wie, Sie Besserwisser, höre ich es aus den Höhen des südlichen Nordschwarzwalds gen Nürnberg … wie sollte man es Ihrer Meinung nach machen?

Lösen Sie die Sätze auf, etwa so …

  • Er suchte alles ab und stierte auch in den Briefkasten.
  • Er schüttelte seinen Kopf. (in der Regel das Zeichen fürs Verneinen)
  • Er nahm immer wieder den Bus und lernte so die ganze Stadt kennen.
  • Sie ignorierte die Stiche und zog sich hoch.
  • Sie schwankte und kam dennoch auf die Füße.

Und noch etwas …

… und musste sich am Regal abstützen, da ihre Beine sie kaum trugen.

Ja, klar, streichen Sie doch einfach den Satz zur Begründung des Abstützvorgangs: … und musste sich am Regal abstützen. Punkt. Fehlt damit irgendein Sinnzusammenhang? Kann der Leser nach der Mehrfach-Messerattacke sich das nicht denken? Ist das nicht klar und erfrischend sonnig wie ein Frühlingstag im März … bei zehn Grad?

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