Im Frühtau zu Berg’e …

Also, liebe Sauerländer, die Ihr mit Eurem Sauerländischen Gebirgsverein durch das sauerländische Gebirge wandert, wandert weiter! Alles ist gut! Und wenn ihr Über’s Kipp geht – was immer das genau ist –, geht halt drüber.

Sollte aber ein engagierter Lehrer (Deutsch, Mathe, Handarbeiten) unter Euch Wanderfreunden sein, seht ihm nach, wenn er kurz innehält, den schweren, aber omnipräsenten Duden aus dem Rucksack zieht und nachschlägt, ob Über’s vielleicht doch besser Übers geschrieben werden sollte.

Sollte es.

Eindeutig. Im Dudenbuch Richtiges und gutes Deutsch, einem sehr empfehlenswerten 1053-Seiter in der 6. Auflage, steht nämlich: übers: Als (meist umgangssprachliche) Verschmelzung von über und das wird übers ohne Apostroph geschrieben. Die Verschmelzung kommt auch in festen Verbindungen vor, in denen sie nicht durch die Vollform über das ersetzbar ist, z.B. übers Jahr, übers Herz bringen. 

Kipp und kar, oder?

Sollte der Lehrer jetzt den Rest des Weges Übers(!) Kipp über seine Erkenntnis dozieren? Binden Sie ihn an eine Tanne (die gibt es dort reichlich!) wie Asterix den Sänger Troubadix an einen Baum zu binden pflegte, drohen Sie ihm mit Sauerländer Mundart in Vollbeschallung für eine Woche und sagen Sie ihm: Über’s Kipp sei schon 874 (setzen Sie hier die richtige Jahreszahl ein) urkundlich behandelt und festgehalten und somit sakrosankt. Was schert es das alte Über’s Kipp, wenn sich heute Sauerländer Wildsauen – keine Beleidigung des Lehrers, sondern nur ein Sprachbild, bitte – an ihm reiben? Nichts! Über’s Kipp bleibt Über’s Kipp! Auch wenn die Internetseite den Weg anders schreibt.

Wenn heute mal wieder der Kongreß tanzt (Ufa-Film, 1931), tanzen Lilian Harvey und Willy Fritsch – der Vater von Thomas Fritsch, übrigens – dann heute im Kongress, weil die jüngste Rechtschreibreform aus dem Kongreß-Eszett* ein Kongress-Doppel-S gemacht hat? Mitnichten! Was immer schon so war als Eigenname, dem kann auch die Rechtschreibreform nichts anhaben.

Los, Burschn, auffi!
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
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Der Wunderbuchstabe ß wird wirklich so geschrieben, mehr darüber in der November-Ausgabe des Deutschen Sprachkompasses. Der Duden schreibt: Es|zẹtt, das; -, – [entstanden aus der Schreibung ʃʒ für s und ʒ, die im 14. Jahrhundert aufkam]: der Buchstabe ß.

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