Es geht um ein Buch. Es geht um eine Art Buchbesprechung in der Süddeutschen, der geschätzten. In diesem Buch macht sich ein Sternekoch namens Roland Trettl über seine Kollegen lustig. Das ist lustig, lustig und unterhaltsam, sagt meine liebste Zeitung.
Wir reden also über Voyeurismus. Naja, nicht ganz. Die eher sexuelle Komponente fehlt, wenn Trettl seinen Kollegen in die Töpfe schaut. Aber da wir es mit der Sterneküche zu tun haben, nennt die Süddeutsche diese Topfguckerei „gehobenen Voyeurismus“ und empfiehlt das Werk den Freunden des gehobenen Voyeurismus‘ (mit Apostroph).
Und wir stutzen. Klar, wir haben einen Genitiv, und wir haben tatsächlich ein S am Ende des Worts, ein S, kein Genitiv-S. Und da wir den Genitiv ja kennzeichnen müssen, steht da ein Apostroph. Für Freunde des gehobenen Exorzismus‘ – für Anhänger des niederschwelligen Expressionismus‘ – die komfortable Bedeckung des Anus‘.
Schwant Ihnen etwas? Ja, Wörter auf S, die wir in den Genitiv setzen wollen, haben keinen eigenen Genitiv. Falsch! Sie haben schon einen, aber der ist als Genitiv nicht zu erkennen. Er lautet wie der Nominativ. Punkt. Das gilt für alle Wörter. Lassen Sie also hinter allen Beispielssätzen das Häkchen weg – und die Beispiele stimmen.
Thomas expressionistisches Bild – Moritz Exorzismus. Fragezeichen.
Sie sehen schon, die Regel mit dem abgeschossenen Genitiv-S bei Nomen auf S hat nicht nur eine Grenze, sie kommt sogar als Ausnahme daher: Eigennamen gekommen den Apostroph. Thomas‘ expressionistisches Bild – Moritz‘ Exorzismus. Und wissen Sie, warum? Weil Sie sonst nicht wissen können, ob der Kerl nicht doch Thoma oder Morit heißt. Eigennamen benötigen die Genauigkeit in der Schreibung. Andere Nomen nicht.
Sie zweifeln, ob das so wichtig ist? Dann lesen Sie mal hier, es geht um Thomas Mann und Konsorten.