Sie lesen einen Ausriss aus einem sehr feinen Buch, das zu bearbeiten in den vergangenen Wochen ich die Freude hatte. Wenn das Buch in die Läden, on- wie offline, kommt, brülle ich noch einmal. Besser: Ich brülle vor allem Sie an, verehrte Damen, denn das Buch ist eines, das vor allem Sie interessieren wird. Inhalt: Eine etwas Voluminösere, ihres Zeichens Geschäftsführerin einer Schokoladenfabrik, macht im ersten Kapitel schon, ungefähr auf Seite 2, einem Herrn, Chef einer Confiserie-Kette, einen Heiratsantrag. Sie haben sich da gerade zum ersten Mal gesehen. Und der Antrag ist sehr ernst gemeint. Diese Worte nur als süßer Geschmackshappen für Sie, verehrte Damen.
Vielleicht interessiert Sie das ja?
Und schon sind wir mitten im heutigen Thema. Schauen Sie sich mal das Fragezeichen im Satz
Vielleicht interessiert Sie das ja?
an. Ich habe es dort platziert, weil ich mich frage, ob Sie das interessiert. Ich bin nicht sicher. Daher frage ich. Und Fragesätze, so haben wir es gelernt, schreien nach einem Fragezeichen.
Sicher?
Sind Sie wirklich sicher?
Ohne Wenn und Aber?
Ist das Zeichen richtig?
Munitioniert werden Sie durch den Satz im Ausschnitt oben.
Möglicherweise arbeitete sie auch in der Schwimmschule ihres Vaters?
Nora, die heiratsantragsstellende Dame aus dem Buch, fragt sich das. Gut, sie mag sich das fragen, das Adverb möglicherweise legt ihre Unsicherheit nahe.
Aber nein, das Fragezeichen ist ziemlich falsch. Fragezeichen stehen nur nach direkten Fragen. Jedenfalls halte ich das so.
Wollen Sie nun mehr wissen?
„Kommst du heute?“ – „Wie viel hast du für den Anlasser bezahlt?“ – „Gibt es das Spektakel von gestern noch einmal?“
Nun werde ich sehr streng, ja, sehr streng. Fragezeichen stehen nur nach Fragen. Ich halte mich da an die Kenner und Sprachliebhaber von belleslettres.eu, die indirekte Fragen ohne Fragezeichen stehen lassen – und selbst einen Satz, der mit dem Inquit …fragte er… zeichenlos setzen.
Folglich: Was kostet die Welt, fragte er. Ohne Fragezeichen.
Ich darf belleslettres zitieren …
Das Fragezeichen kennzeichnet einen Satz als Frage. Weil das Fragezeichen ein Zeichen ist, steht es nur bei Aussagen, die funktional eine Frage sind. Es steht nur dann, wenn der Satz sonst nicht als Frage zu erkennen wäre.
Das ist streng. Verkürzt gesagt: Indirekte Fragesätze, das heißt abhängige Fragesätze sind Nebensätze. Sie sind also vom übergeordneten Satz grammatikalisch abhängig. Zitat Ende. Und weil sie keine direkten Fragesätze sind, darf da auch kein ? stehen.
Beispiele:
- Wieviel Uhr ist es, fragte er.
- Wann kommst du, wollte sie wissen.
- Sie wußte nicht, wann er kommt.
- Hast du das Buch gelesen, lautete ihre nächste Frage.
- Hier, fragte sie sich.
Harter Tobak, nicht wahr? Aber in sich schlüssig.