Also, das ist nämlich so: Hier im Fränkischen gaben die Behörden gestern bekannt, wie denn die neue Stromtrasse verlaufen solle. Ein wichtiges Ereignis für die Franken, denn nun steht fest, wer vor den Verwaltungsgerichten Klage erheben wird, weil niemand diese Masten in seinem Vorgarten oder nur in Rufweite des Vorgartens oder auch lediglich in Rufweite des Vorgarten seines Freundes zehn Kilometer weiter stehen haben will. Und darum beschloss meine Heimatzeitung, die Nürnberger, diesen Trassenplan groß auf Seite 3 abzubilden. So groß, dass man beinahe in die Vorgärten sehen kann.
Dies ist die Vorgeschichte. In der Legende zu diesem Plan taucht dann das Wort auf, das ich zu meinem Lieblingswort für den Rest des Jahres erkläre: Vorzugstrassenkorridorvorschlagsalternativen. Meine Verneigung, ein neues Wort. 14 Silben. Umgekoppelt. Einfach 44 Buchstaben aneinandergereiht.
Niemand versteht das Wort. Niemand außer eben denen, die seit Monaten über diesen Plänen brüten. Wenn man so brütet, verliert man den Blick für den Rest der Welt. Für die Vorgarten-Besitzer, beispielsweise. Oder die Kindergärtnerinnen und andere besorgte Strickpullover-Trägerinnen, die jetzt schon Täter und Mordio schreien. Und – gesetzt den Fall, es gäbe für diese Vorzugstrassenkorridorvorschlagsalternativen wirklich kein besseres Wort – so denken auch die Wort-Macher nicht daran, einem dieses Wort schmackhaft zu machen, beispielsweise durch Koppelungsstriche: Vorzugstrassen-Korridor-Vorschlagsalternativen.
Einerseits.
Andererseits gehe ich in solchen Fällen gerne auf die Knie vor der deutschen Sprache, die solche Wortungetüme zulässt. Silbenschlepper-Bausatz-Spiele sind einfach Teil des Deutschen. Man klöppelt sich ein neues Wort. Zack zack, noch eine Silbe dran! Koppelungen? Sind was für Feiglinge.
Bisher habe ich noch kein Wort über das Wort Alternativen in diesem Wort verloren – ein Satz mit drei Wort!, auch nicht schlecht, oder? Nun, eine Alternative ist immer eine einzige weitere Möglichkeit zu einer bestehenden. Stehe ich vor der Frage, ob ich heute Abend mit Heidrun oder mit Larissa ausgehe, so ist Larissa die Alternative zu Heidrun. Ich habe das einmal hier erläutert. Kann ich mit Heidrun, Larissa oder Elisabeth ausgehen, stehe ich vor drei Varianten – ich habe nicht drei Alternativen. Das letzte Wort in diesem Monsterwort – Alternativen – wäre folglich nur richtig, wenn es genau zwei Möglichkeiten gibt: Trasse A oder Trasse B. Ob das so ist, kann ich nicht beurteilen. Der Plural Alternativen lässt mich allerdings aufhorchen.