Kann ich mal die Butter?

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Ich gebe zu, dieses Bildchen (Copyright: Wikipedia) ist ein wenig gezwungen. Ich habe es ausgesucht weil ich einen Satz bebildern wollte, der beispielhaft für eine Frage eines Lesers steht: Kann ich mal die Butter? Der Leser schreibt: Ich mache mir gerade meine Gedanken zum Wegfall des Verbs bei Fragen, der mir in jüngster Zeit häufiger aufzutreten scheint (oder vielleicht sind es nur meine Kinder, die das so handhaben?). Ein Beispiel wäre der elliptische Satz „Kann ich mal die Butter?“. Wissen Sie darüber mehr, was die Herkunft angeht, oder haben Sie vielleicht schon darüber gebloggt oder referiert?

Nein, ich habe darüber weder referiert noch etwas geschrieben. Ich erlebe solche Sätze lediglich ebenfalls im Alltag: Kann ich mal …? – wenn man an jemandem vorbeigehen will. Nun sind solche unvollständigen Sätze – unvollständig, da ihnen ein feines Verb fehlt – nichts Ungewöhnliches. In der Regel erkennt der Angesprochene den Gesamtzusammenhang und reagiert. Vor allem in der Umgangssprache kommt man ohne Verb manchmal gut aus: Jetzt aber! – Los! – Beileibe nicht! – So mir nicht, dir nichts?

Dr. Bopp – nein, nicht der Arzt aus dem Dschungelcamp – schreibt zu solchen Ellipsen genannten Konstruktionen: Ellipsen sind Äußerungen, in denen Redeteile weggelassen werden. Sie können als satzwertige Ausdrücke bezeichnet werden, wenn sie allein stehen, obwohl sie kein Verb enthalten. Sie werden aber auch unvollständige Sätze genannt, weil das zugehörige Verb einfach weggelassen wird. Sie unterscheiden sich dadurch von Interjektionen und Anreden, dass ein Verb ergänzt werden kann und dass eventuell vorhandene flektierbare Wörter sich nach diesem weggelassenen Verb richten. Sie stehen in dem Fall, in dem sie auch stehen, wenn das Verb nicht weggelassen wird. Dr. Stephan Bopp übrigens ist ein an der Universität Zürich promovierter Linguist, Blogger und sehr lesenswert.

Nachtrag, einen Tag später: Dr. Bopp, so belehrt mich eben ein Leser, hat mit Dr. Bob aus dem Dschungelcamp nichts, aber auch gar nichts zu tun. Klingt nur ähnlich. Ich bitte um Nachsicht.

Hätten wir damit die wissenschaftliche Seite geklärt. Dennoch bleibt ein mulmiges Gefühl. Denn – anders als in den Beispielen, die sich aus Bopps Erläuterung bilden lassen, die lesen Sie hier – scheint es im Butter-Beispiel so, dass der Sprechende einfach zu faul ist, das Verb haben zu ergänzen – einmal abgesehen von freundlichen bitte: Kann ich mal die Butter haben, bitte? wäre die gesellschaftlich anerkannte Form, die auch besorgte Eltern zuließen.

Als ich mit dieser Frage konfrontiert wurde, war meine erste Eingebung, dass es einen Zusammenhang gibt mit dem sogenannten Kiezdeutsch – jenem Sprachstil, der vor allem in Großstädten von jungen Leuten gepflegt wird, die aus dem Orient zugewandert sind: Ey, Alda, ich hau Dich Krankenhaus – Kommst du Kino? Hat aber damit wenig zu tun. Denn die Kiezdeutschler bilden zwar krumme Sätze ohne grammatikalische Konventionen und meist ohne Adjektive. Aber auf ein Verb – in welcher konjugierten Form auch immer – verzichten sie nicht.

Bleibt die Faul-These. Einfach zu faul, den Satz als einen vollständigen erklingen zu lassen. Denn der Angesprochene, der ist ja schlau genug, zu wissen, was der Sprechende will.

Ist diese faule Form eine Folge der digitalen Kommunikation, 140 Zeichen für einen Twitter-Text, 166 für eine SMS? Kann sein!(!) Keine Ahnung!(!).

Kann ich jetzt mal Ende?

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