Zum Kreischen

151104_ChorEines Tages, es passierte im Kreisverband des Landkreises Kreischor, Südhessen, kam der Vorsitzende des Verbands auf die Idee, doch mal die langjährigen Mitglieder des Kreisverbands zu ehren. Er schrieb an das lokale Blättchen, den Kreischor-Boten, und dieses über die Grenzen Südhessens bekannte Medium titelte Kreischorverband ehrt langjährige Mitglieder. Kurz darauf fiel in Kanada ein Baum um – und die Redakteure des Kreischor-Boten waren als Erste vor Ort.

Heute will ich Ihnen, Sie merken es schon, besonders schwierige Kost ans Herz legen … die Sache mit der Nähe eines Mediums zum Nachrichtenüberbringer … Schmarrn!

Sie haben es längst bemerkt. Wir steuern auf eines meiner liebsten Themen zu: die Lesbarkeit von langen, wenig geläufigen Wörtern und den Mut zur Koppelung. Wie fein wäre es, hätte sich der – oben frei erfundene – Kreischor-Bote dazu durchringen können, Kreis-Chorverband zu schreiben. Dann wäre Ihnen dieser Beitrag erspart geblieben und niemand hätte irgendetwas bemerkt. So aber lesen wir erst einmal etwas mit Kreischen. Oder mit Kreischen am falsch geschriebenen Ohr. Oder aus dem Kreis Kreischor. Oder was auch immer.

Also merke: Nehmen Sie sich die Freiheit, lange Wörter zu koppeln, wenn Sie sie nicht auf Anhieb lesen können. Einerseits. Andererseits habe ich heute die Meinung einer besorgten Grundschullehrerin gelesen, die allen Ernstes dazu aufrief, zwengs des schnelleren Lernerfolgs zusammen-gesetzte(!) Verben mit Kopplung zu schreiben: Würde mir die Dame dies von Angesicht zu Angesicht dar-legen, so wären wir aneinander-geraten. Ich will mich über so einen Dünnpfiff auch nicht auseinander-setzen, sondern sehr klar-machen, dass die Lernwilligen nur durcheinander-kommen, wenn sie solch einem Mist näher-treten.

Ich schreibe das auch, weil gerade dieses Kapitel der Rechtschreibung eines der schwierigsten überhaupt ist; ich bekenne: Ich schaue an einem normalen Arbeitstag im Lektorat bestimmt drei oder vier Mal im Duden nach – nach Zusammensetzung oder nicht. Denn die Faustregel, nach der zusammengeschrieben wird, wenn beide Wörter ihre ursprüngliche Bedeutung durch die Zusammensetzung verlieren, hilft wirklich nicht immer. Beispiel: Wenn man zusammenschreibt, ist das etwas anderes, als wenn man zusammen schreibt. Wer zusammen schreibt, ist Teil einer Schreib-Gruppe. Wer zusammenschreibt, fügt zwei Wörter aneinander. Wer zusammenkommt, nimmt vielleicht an der Sitzung des Kreis-Chorverbands teil, wer zusammen kommt, hatte befriedigenden Spaß.

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