I dismiss you!

So ein Urteil gibt doch allen rechtschaffenen Menschen Auftrieb. Und macht mich so mutig, dass ich einfach ein Bild des Anbieters roben-shop.de verwende ohne robenshop.de gefragt zu haben. roben-shop.de übrigens verkauft, verleiht und stellt her: die besten Roben für die besten Urteile, falls da noch Fragen auftauchen sollten. Ende der Dauerwerbesendung.

Also nehmen wir uns der Geschichte einmal an: Eine Frau arbeitet in einem bei einem Telefonanbieter in Mecklenburg-Vorpommern. Neudeutsch würde man wohl Callcenter sagen, weil Telefonverkauf/-beratung so deutsch klingt. Sie erhält dafür 1510 Euro im Monat. Ihr Arbeitsvertrag wurde unterschrieben von einem Facility Director. So nennt man in einem modernen Unternehmen den Niederlassungsleiter. Er ist damit nicht zu verwechseln mit dem Facility-Manager, der in modernen Unternehmen den Hausmeister gibt.

Im März wurde der Dame gekündigt, die Dame wurde dismissed. Die Kündigung unterschrieb der CCM, der Contact Center Manager. Der gedissten Miss(!) war das Ganze zu blöd, und sie ging mit dem Kündigungsschreiben, der dismissal notice, vors Arbeitsgericht Rostock. Das Arbeitsgericht sagte, dass jemand, der sich CCM nenne, die Kündigung nicht aussprechen dürfe. Einem Arbeitnehmer müssen klar sein, von welcher hierarchischen Position die Kündigung erfolge. Ich darf das Gericht zitieren:  Sie (die Klägerin) sei nicht in sonstiger Weise über eine etwaige Vollmachtserteilung zum Ausspruch einer Kündigung für den Contact Manager in Kenntnis gesetzt worden. Es sei nicht ersichtlich, dass im deutschsprachigen Raum mit dem Begriff eines Contact Center Manager urtypischerweise das Kündigungsrecht verbunden sei.  Zitat Ende, und ich klatsche Beifall.

Dagegen hielt der Arbeitgeber: Der Arbeitsvertrag sei durch den damaligen Facility Director unterzeichnet worden. Diese Position entspreche der heutigen Position und sei inhaltlich nichts anderes als der Standort- bzw. Niederlassungsleiter. Die Benutzung englischsprachiger Bezeichnungen sei üblich. Vertragsrelevante Mitteilungen habe die Klägerin durch den jeweiligen Contact Center Manager erhalten. Eine Aufgabenbeschreibung für den Contact Center Manager sei für die Klägerin im Intranet zugänglich gewesen. Auch andere Kündigungen habe der Contact Center Manager ausgesprochen. Zitat Ende, und ich lache den BWLler mal an, der einen solchen Titel-ach-ich-bin-so-wichtig-Mist von irgendwoher übernommen hat.
* Was macht Ihr Mann eigentlich beruflich?
* Er ist Contact Center Manager.
* Boeeeey …

Möge Herr Boeeeey vier Wochen lang bei Fish&Chips(!) an der Ostsee ausharren, und Marius Müller-Westernhagen und  Herbert Grönemeyer zwangsweise hören müssen – und über den Sinn solcher Bezeichnungen nachdenken. Mittlerweile hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern höherrichterlich im Sinne des Urteils des Arbeitsgerichts Rostock entschieden.

Machen wir es noch einmal sehr deutlich: Natürlich darf ein Arbeitgeber der Dame kündigen. Nur muss sie wissen, wer kündigt. Das Gericht geht sogar davon aus, dass die Dame gewusst hat, wer Herr CCM sei und dass er durchaus die Vollmacht habe, sie zu entlassen. Aber nach allgemeinem Kenntnisstand ist* weder der Herr CCM noch der Herr Facility Director jemand, der kündigen darf, wenn aus seiner Unterschrift und einer deutschen Bezeichnung wie Niederlassungsleiter nicht klar hervorgeht, dass er der Bereichs- oder Niederlassungsleiter ist.
________________________________
Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
* 
In diesem Satz haben wir eine Konstruktion mit weder – noch.  Warum ist richtig ist, hier das Verb im Singular zu halten (… ist …), lesen Sie in der Sonderausgabe September des Deutschen Sprachkompasses, den ich verantworte.

*Anzeige: Die Seite enthält Links zu mehreren Webseiten, auf denen Sie Bücher bestellen können. Hierbei handelt es sich um Werbung. In eigener Sache zwar, aber Werbung bleibt Werbung, weshalb ich Sie an dieser Stelle darauf hinweise.