42 Wörter? Na, geht doch …

160315_LangerSatzOft habe ich Ihnen an dieser Stelle erzählt, dass lange Sätze iibääähhhh seien, aber so richtig ibbbääääh. Ich habe dann auch dazu geschrieben, dass es Meister des Langsatzes gibt, Martin Walser oder Thomas Mann etwa, auch denen man alles nachsehen muss, auch die langen Sätze (27 Wörter). Aber schauen Sie sich doch einmal diesen Artikel an, den ich vor knapp drei Jahren geschrieben habe. Was Sie verstehen ist dies: bläääh und blupppsssss. 

Und wann ist ein Satz lang? Die Deutsche Presseagentur, über alle Zweifel erhaben, sagt, dass Sätze mit mehr als fünfundzwanzig bis dreißig Wörtern sehr oft nicht mehr nachvollziehbar seien. Gehirnforscher stimmen dem zu, mehr oder weniger. Es soll Chefredakteure gegeben haben, die von ihren Mitarbeitern verlangten, jeden Satz mit mehr als dreißig Wörter schriftlich in der Chefetage genehmigen zu lassen (25).

Ich habe mein Profi-Lektoren-Programm Papyrus so eingestellt, dass es mir Sätze mit mehr als zweiunddreißig Wörtern anzeigt – dies nur mal so als Marge (25). 

Insofern ist der Satz, den Sie da oben gelb unterlegt sehen, voll iibääähhhh: 42 Wörter. So weit zur Theorie.

Und in der Praxis? Lesen Sie den Satz bitte noch einmal. Haben Sie Probleme, zu verstehen, was da passiert? Na, also. Geht doch. Denn Sätze mit fünfundzwanzig oder mehr Wörtern können zu lang sein – sie müssen es aber nicht. Wenn die Struktur des Satzes klar ist, wenn die Zahl der Relativsätze oder Appositionen (a) gering bleibt und (b) sich diese Beifügungen direkt an ein Bezugswort hängen, sind auch solche Sätze lesbar (29 Wörter, längster Satz in diesem Artikel).

Schauen wir mal hin: … einer Frau gegenüber … (und nun folgen drei Beifügungen oder Ergänzungen) … (1, Relativsatz) die sie durch ihre dicke Brille interessiert musterte(2, weiterführender Hauptsatz) … wobei A schnell bemerkte(3, Nebensatz) dass sie P länger in Augenschein nahm als sie.

Geht doch. Übrigens, wenn das Buch, aus dem ich hier zitiere, auf den Markt kommt, brülle ich noch einmal laut für Sie.

Dann ist übrigens auch der Fehler getilgt, den Sie – nein, ich habe Sie nicht aufs Glatteis führen wollen – sicherlich überlesen haben: Nach mehreren Anlaufstellen … heißt es da … setzten sie sich schließlich … Das Komma nach Anlaufstellen ist Quatsch. Nach einigen Spielen gingen sie in die Kneipe. – Nach Toresschluss wollten sie weiterhin trinken. – Nach seiner Aussage tranken sie über den Durst. Normale Sätze, ohne Komma.

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