Da sitzt man morgens in einem Café einer Bäckerei in 90531 Zirndorf, schlürft seinen Kaffee, olé!, der Blick schweift – und schon hat man Material für eine ganz Unterrichtseinheit. Als die Servierkraft fragte, warum ich das iPhone zückte, zuckte ich kurz – das Café war voller Bild-lesender Stadtbediensteter im orangen Drillich – und sagte ihr, es gefalle mir einfach. Zum Glück brüderlete einer der Orangenen sie an. Sie war abgelenkt.
Nun, das Preisschild ist deshalb so unterhaltsam, weil es ein paar Fehler zeigt, die Auskunft geben können über die Art und Weise, wie man fremde Begriffe übernimmt. Arbeiten wir also das Bild von oben nach unten ab:
(1) Espresso. Mehrfach hier erwähnt, ausführlicher hier. Hat nichts zu tun mit express, schnell, sondern mit dem lateinischen Verb exprimere, expressus, durchdrücken. Das X assimiliert zum S. Vollkommen richtig.
(2) Schokolade. Kommt irgendwie aus Indianersprachen und ist korrekt festgehalten. Die Schreibweisen Schocolade, Shocolade oder Shokolade – kommen alle vor! –, sind aber affig.
(3) Café groß. Na, so groß war das Café nicht, aber für 2,50 Euro Pacht im Monat würde ich es nehmen. Himmel, der alte Fehler: Kaffee ist das, was man trinkt, Café ist das, in dem man sitzt und das Getränk zu sich nimmt. Es sei denn, man meint den Kaffee aus Frankreich (siehe unten) oder den aus Italien, den caffè. Wenn man indes im Land der Steinbrückschen Clowns in ein Café geht, geht man auch dort in ein café, nur kleingeschrieben. Aber dann sind auch die Kaffees kleiner und heißen wie …? Espresso, Plural: Espressi.
Bei Café groß bleibt aber noch eine Frage: Warum wird das Adjektiv, das den falschen Café/Kaffee erläuternde Wort groß, nachgestellt? Kein Ahnung pur! Nicht mal einen Schimmer glatt! Denn merke!, im Deutschen stellen wir eigentlich die passenden(!) Adjektive vor das Nomen, und wir beugen sie mit, die Adjektive. Sonst müsst es ja heißen die passend(!) Adjektive, oder? Verwirrung ganz und total hier.
(4) Cappuccino. Ist ein Mistwort, weil schwierig. Doppel-P, Doppel-C? Ja. Es kommt von den Kapuzinern, den Mönchen mit der namensgebenden Kapuze (aus Milchschaum), und die heißen im Italienischen nun mal cappuccino, Plural cappuccini. Die Kopfbedeckung der Ordensmenschen heißt cappuccio, muss man sich einfach merken.
(5) Latte Macchiato. Noch ein Doppel-C, bravo! Diese Latte (weiblich, wegen die! Milch) bedeutet, wörtlich übersetzt, die befleckte Milch. In diesem Begriff ist befleckt, macchiato, das Partizip von beflecken und das Adjektiv, das latte, Milch, näher beschreibt. Hier kommt ein Prinzip zur Geltung, das für alle Übernahmen von Wörtern aus fremden Sprachen gilt: Wir versuchen, die Begriffe wörtlich zu übertragen – und geben ihnen den grammatikalischen Status, den sie im Deutschen hätten. Schwer zu verstehen? Latte ist ein Nomen, weil Milch ein Nomen ist. Das Wörtchen macchiato ist ein Adjektiv, weil befleckt eines ist. Und Adjektive schreiben wir im Deutschen nun mal klein; folglich: Latte macchiato.
(6) Café au lait. Mit den befleckten Erkenntnissen kommen wir nun nach Frankreich, zum Kaffee mit Milch, denn nichts anderes bedeutet Café au Lait. Der Kaffee ist ein Nomen, die Milch auch. Also: Café au Lait. Großgeschrieben das dritte Wort.
Prosit! – es möge nutzen.