Wir trag’n’s mit Helm und Fassung

2013-04-02 09.39.36

Die Absicht der Verkehrswacht, der deutschen, ist klar: Sie wirbt für den Helm bei Menschen, die radeln*. Gut so. Wir sehen – Knipsort: Nürnberger Hauptbahnhof – ein junges Mädchen, das irgendwie flippig ausschaut, aber nicht zu flippig, als dass sich nicht auch die radelnde Seniorin angesprochen wird. So weit, so ganz gutes Handwerk der Agentur.

Dann schauen wir in den Text. Und stutzen. Das Mädchen stellt sich als Außenseiterin dar.

Das Mädchen trägt also, was keiner trägt. Helm zu tragen, das gilt in ihren Augen als etwas Besonderes? Sie ist Vorreiterin? Die einzige mit Helm? Ob das die Absicht der Agentur war? Oder hat da nur jemand nicht zu Ende gedacht. Mich jedenfalls verstört der Spruch. Ich halte ihn für kontraproduktiv im Sinne der Botschaft.

Helm(!) drüber, einerlei. Mit geht es hier weniger um das silbern-gelbe Dach auf des Mädels Haupt. Sondern vielmehr um das, wie sie es sagt. Sie sagt: Ich trag‘ nur, was keiner trägt. Ich trag‘ Helm.

Hey, muss da ein Apostroph stehen, ist der Apostroph gar falsch?

Ist es nicht. Man kann es weglassen. Man sollte es sogar weglassen. rate ich. Der Duden sagt dazu, zum Thema Schluss-e bei Verben: In der 1. Person Singular des Präsens Indikativ – ML: der liegt hier vor – ist die Endung -e im Allgemeinen fakultativ, es gibt lediglich stilistische Unterschiede (ich hole / ich hol). Dasselbe gilt für die Form des Singular Imperativ der schwachen Verben (hole / hol).

Weglassen also: Ich geh mal schnell … – ich sag mal so … – ich brüll rüber … – ich kauf da ein.

___Ich trag Helm.___

Apropos, die Überschrift mit dem kruden Wort trag’n’s ist natürlich erkennbarer Mist. Wir tragen’s mit Helm und Fassung. Hier ersetzt der Apostroph ja kein End-e des Verbs, sondern es zeigt an, dass das -e von es verschluckt wird.
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
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Das schöne Wort Radfahrer ist übrigens aus dem offiziellen Sprachgebrauch des Verkehrsministeriums gestrichen worden. Um jene Dame auf dem Bild und ihr Geschlechtsgenossinnen nicht sprachlich zu benachteiligen, hat Minister Ramsauer seit dem 1. April gefügt, dass Radfahrer künftig … wer ein Rad führt ... heißen sollen; Autofahrer werden am Autoverkehr Teilnehmende benannt und Fußgänger die zu Fuß Gehenden. Sie glauben das nicht? Vertrauen Sie der feinen Süddeutschen und lesen Sie hier nach.

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