Die Dame mit Style auf dem Besensti(!)l

130429_Domina

Dieses Bildchen schickte mir Leser R. W. zu. Er fand die kleine Anzeigen in einem Anzeigenblatt namens Blickpunkt – Ihre Zeitung zum Wochenende aus Bad Belzig. 14806 Bad Belzig liegt im Landkreis Potsdam-Mittelmark, Brandenburg.

Herr W. fand diese Text, den er grün markerte*, unterhaltsam. Ich schließe mich an. Dass eine Domina einen Hausbesuch mit Stiel macht, lässt darauf schließen, dass sie als Hexe einfliegt und versucht, den Dienst nach der Landung sowohl mit Stiel als auch mit Stil zu verrichten. Wir schätzen – im Sinne von wertschätzen – hieran, dass sie nicht auf das arg anglizisierende Style – da gibt es ein Blatt, das InStyle heißt – verfiel. Und wir schätzen – im Sinne von vermuten –, dass sie einfach nur nicht genau wusste, wie sie es schreiben sollte.

Möglich aber auch, dass sie den Text den Damen und Herren der Anzeigenannahme des Blatts telefonisch diktierte – und jene Person, die den Text aufnahm, rot anlief und sich dann zwischen Stil und Stiel stillos verhedderte. Alles denkbar.

Noch eine Möglichkeit: Stiel sollte eigentlich StieFEl lauten – bei dieser Profession ein wahrscheinlich finanzamtsbekanntes Utensil, das Frau Domina sogar geltend machen kann. Allein, das Computersystem des Blickpunkts** schluckte zwei Buchstaben.

Und noch eine: Als Volontär im Badischen habe ich durchaus die Erfahrung gemacht, dass eine fröhlich gestimmte Mannschaft in der Anzeigenannahme absichtlich einen Buchstabendreher vornahm. Ja, man machte sich – es waren die heiteren Endachtziger – mit Nestroy einen Jux daraus, den Anzeigen einen phantasievollen Dreh zu geben. Eine Reise nach Wien erfährt einen Buchstabendreher ins Alkoholische. Der Koi, der japanische Zierkarpen, wird zum Boi; Sie wissen, was ich meine …

Zurück zur Anzeige: Ebenso wie die Frage nach der Genese*** nicht beantwortet werden kann, lässt uns anderes aus der Anzeige ratlos zurück. 1,99€Min.Mobil abw. steht da. Was heißt denn das? Ich kann von einem Mobilfunk-Telefon für 1,99 Euro pro Minute anrufen. Klar. Aber dann? Was bedeutet abw.?

– Abwesend, wenn die Dame auf ihrem Besen unterwegs ist?
– Abwählen, falls man der Dame nicht mehr bedarf?
– Abwarten, falls die Dame gerade den Besen zum Hausputz einsetzt?
– Abwägen, ob man die Dame weiterhin als Begleiterin in die Gesellschaft einführen soll?
– Abwandern, falls die Dienste der Dame zu teuer sein sollten?
– Abwackeln, wenn alles sti(e)lvoll über die Bühne ging?

Wir wissen es nicht. Und wir werden es nie ergründen.
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
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Das Verb markern gibt es laut Duden nicht. Auch im DWDS steht es als substantiviertes Verb für eine Tätigkeit beim Snowboarden oder in der DNA-Forschung, nicht im hier unterstellten Sinn. Hier verbalisiert – im Wortsinne – es das, was man mit einem farbigen, faserigen Textmarker tut. Ich halte solche offensichtlichen Ververbalisierungen eines Nomens für zulässig. Das Verb ist die wichtigste Wortart für eine lebendige Sprache; wir brauchen mehr davon. Ich nutze diese Möglichkeit oft.
** Das Blatt heißt Blickpunkt, so wie der Stern Stern heißt und der Spiegel Spiegel. Beugt man Eigennamen von Presse-Erzeugnissen, dürften sie durchaus in den Genitiv gesetzt werden. Die Artikel des Sterns … die Recherchen des Spiegels … die Anzeigen des Blickpunkts.
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Ich dachte, das Wort Genese sei ausschließlich bezogen auf die Entstehungsgeschichte von Krankheiten. Weit gefehlt. Der Duden sagt: Entstehung, Entwicklung: die Genese einer Krankheit, eines Kunstwerks, einer Gesteinsbildung. Nun haben wir es hier nicht zu tun mit Gestein oder Krankheit. Aber mit einem kleinen Kunstwerk, oder?

*Anzeige: Die Seite enthält Links zu mehreren Webseiten, auf denen Sie Bücher bestellen können. Hierbei handelt es sich um Werbung. In eigener Sache zwar, aber Werbung bleibt Werbung, weshalb ich Sie an dieser Stelle darauf hinweise.