Der höfliche Imperativ

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Die Situation kennen Sie. Benötigen Sie Bares, gehen Sie immer seltener zu jenem Menschen, der in der Bank die Scheine abzählt. Sie machen das selbst. Zum Wohl der Bank und der überlasteten Mitarbeiter, die früher noch Bankbeamte hießen – und heute froh sind, wenn Sie Ihnen Anlagen verkaufen, für deren Vermittlung der Mensch am Schalter Provision kassiert.

Nachteil des Automaten: Sie können mit niemandem reden, der eventuell sieht, dass Sie noch genau 4,55 Euro auf dem Konto haben und dann kritisch schaut und mit mahnender Stimme sagt: Das war es aber jetzt für diesen Monat, Frau Müller!

Vorteil des Automaten: Sie müssen mit niemandem reden, der eventuell sieht, dass Sie genau 45.555,45 Euro auf dem Konto haben und dann freundlich schaut und sagt: Na, Frau Müller, haben Sie schon einmal von den phantastischen Gewinnaussichten gehört, die Chinas Reissäcke für Ihren ganz persönlichen Glückszustand bedeuten? Ich habe da genau das Richtig für jemanden wie Sie!

Noch ein Vorteil des Automaten: Sie lesen einen einfachen Satz, eine  Aufforderung, die auf ein Ausrufezeichen endet. Und sie lesen dabei die weniger häufige Form des Imperativs im Plural: Bitte gehen Sie …! Gutes Ausrufezeichen … sehr höflich …

Genauer gesagt: Der Imperativ in der Höflichkeitsform – so wie hier verwendet – bildet sich aus der 3. Person Plural des Indikativ Präsens. Aus dem Verb geben – sie geben; aus dem Verb kommen – sie kommen; aus dem Verb beratschlagen – sie beratschlagen: Geben Sie Ihre Karte ein! – Kommen Sie doch näher! – Beratschlagen Sie doch mit sich, wie viel Geld Sie abheben wollen.

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