Setzen, 5!

130809_Urteil Lehrer

Stellen Sie sich vor, Ihr Sohn, Realschüler im letzten Lernjahr, kommt nach Hause und sagt so etwas wie: Papa, unser Mathelehrer, ich weiß nicht. Der ist nett irgendwie, und auch schlau, der versteht was von Mathe und Physik, echt gut und so, aber ich verstehe nicht, was der schreibt und wie der spricht. 

Einen solchen Fall hatte nun das Verwaltungsgericht Kassel zu beurteilen; der Fall ist nun veröffentlicht. Die Fakten, soweit aus der Pressemitteilung der Seite Kostenlose Urteile bekannt. Klicken Sie hier. Das Aktenzeichen, sollten Sie sich mit dem Fall eingehender befassen wollen, lesen Sie oben auf dem Bildchen.

(1) Ein Kasache, seit 1993 in Deutschland, studiert in Gießen Mathematik und Physik mit dem Ziel, Lehrer zu werden.
(2) In zwei Prüfungen rasselt er durch. Er beherrscht wohl seine Fächer, er beherrscht aber nicht das Deutsche. Das Prüfungsamt sortierte ihn also aus. Es bemängelte die Deutschkenntnisse im schriftlichen Ausdruck.
(3) Gegen diesen Verwaltungsakt wehrt sich der Kasache. Das Verwaltungsgericht Kassel hatte darüber zu entscheiden, ob das Prüfungsamt ihn zu Recht für immer aus dem Rennen nahm.

Halten wir die Gründe fest, die dazu führten, dass dieses Gericht dem Prüfungsamt attestierte, richtig gehandelt zu haben. Wenn mich mein geringer juristischer Sachverstand nicht täuscht, hat ein Verwaltungsgericht nicht das letzte Wort. Der Herr aus Kasachstan kann also in die Instanz gehen, beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel.

Dies trägt der Kläger vor: Erstens habe die Prüfung gezeigt, dass er das Fach beherrscht. Zweitens könne demnach seine Arbeit nicht mangelhaft sein. Drittens sei es ja auch kein Wunder, da man eine solche Prüfung unter Stress schreibe. Kurz: Was soll der Heckmeck ums Deutsche, es gehe doch um seine Physik-Kenntnisse?

Das Gericht hielt dagegen, ich zitiere:  Die Fähigkeit eines Kandidaten, sich in einer wissenschaftlichen Prüfung sprachlich korrekt auszudrücken, muss eigenständig beurteilt werden. Diese Fähigkeit muss losgelöst von seiner rein fachlichen Qualifikation bewertet werden. Darum kann ein Kandidat, der die Sprache nicht angemessen beherrscht, die Prüfung nicht bestehen.

Der Herr beherrschte, so die Richter, Grammatik, Zeichensetzung und Rechtschreibung nur rudimentär. Ich darf noch einmal zitieren: Das Gericht hebt hervor, dass die Prüfungsklausur des Klägers auf nahezu jeder Seite voller schwerwiegender sprachlicher Fehler ist. Außerdem handele es sich bei einer Prüfungsklausur um eine wissenschaftliche Arbeit, die immer hohe sprachliche Standards erfüllen muss. Dies gelte in besonderer Weise für Prüfungsarbeiten im Lehrerexamen, wie es der Kläger ablegen wollte. Insbesondere Pädagogen müssten in der Lage sein, ihr Fachwissen durch korrekten und sicheren Gebrauch der Sprache zu vermitteln.

Ich habe keine Ahnung, ob es das erste Urteil dieser Art ist. Das wird sich zeigen. Aber ich finde, dass das Gericht richtig entschieden hat. Ganz plump: Der Herr kam 1993 nach Deutschland, er nahm sein Studium 2005 auf – sollten nicht zwölf Jahre in diesen Land einen dazu bringen, die Sprache so zu beherrschen, dass man auf eine Vier im schriftlichen Ausdruck kommt, nicht auf eine Fünf?

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