Ich lese einmal vor, für den Fall, dass Sie die entscheidenden Sprüche nicht lesen können: Da liegen zwei auf der Wiese, zwei typische Urlauber, und sie sagt: Hör nur, die Grillen! Und er antwortet mit geschlossenen Augen: Ich riech nix.
Die Quelle dieser Karikatur ist wichtig: So etwas kann nur Gerhard Haderer, seit Menschengedenken beim Stern, ein bitterböser Österreicher. Die Griller erschienen in der vergangenen Woche im Stern.
Was dieses kleine Meisterwerk so einzigartig macht, ist nicht die Bosheit, mit der Haderer die beiden Menschen zeichnerisch angeht – jaja, wir kennen sie aus Fußgängerzonen, Strandcafés, Urlaubsressorts und Fußballarenen.
Haderers Wortwitz ist überragend. Überall zirpt es, die Frau zeigt romantische Anflüge, sie ist eins mit der Natur, meckert nun mal gar nicht über das stechende Gras, die zu laute Sonne oder den Brand auf dem Pelz. Sie schnirbelt mit dem fetten Fingerchen kurz über sein ansatzfettes Bäuchlein unterhalb von Goldkettchen, Doppelkinn, dünnem Schnäuzer und nachgemachter Designer-Sonnenbrille aus dem letzten Türkei-Urlaub.
Sie also, romantisch gestimmt. Und er? Denkt nur ans Essen. Ich riech nix. Brüller! Ein herrliches Wortspiel. Und nun ersparen Sie es mir bitte, die grammatikalischen und syntaktischen Implikationen einzeln darzulegen. Die sind einfach klasse. Danke!
Gut, dann also doch: Ihr DIE versteht sie als Artikel zu Grillen; er versteht DIE als Personalpronomen DIE (für Nachbarn); ihre Grillen wirft sie ihm als Nomen herüber – er versteht das Nomen als Verb. Und da er die Augen geschlossen hat – und der Mann als solcher völlig unzugänglich ist für die Geräusche aus der Natur –, bleibt ihm als einzige Kontrolle für ihre Aussage seine Nase.
Das ist überaus tiefsinnig.