Nach der Schule in die Reha

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Oben sehen Sie den Titel des Magazins der Süddeutschen Zeitung von heute. Sie lesen einen Wunschzettel. Ein Kind hat ihn geschrieben. Die Macher des Magazins machen keine Angaben darüber, welches Kind geschrieben hat, keine Angaben zu Alter und Geschlecht. Keine Angaben darüber, ob dieses Kind als verhaltensauffällig gilt – Lese- und Rechtschreibschwäche ist die neue Legasthenie. Denkbar natürlich auch, dass ein besonders begabter Grafiker hier den Pinsel schwang.

Unwichtig, das alles. Wichtig ist mir an diesem Bild, dass es ein Kind gewesen sein könnte. Eines, das der neuzeitlichen Schreib-Ausbildung anheimfiel. Diese Methode, die seit vierzig Jahren – nun gut, ich ziehe den Begriff neuzeitlich zurück – gelehrt wird, heißt Lesen durch Schreiben oder Schreiben nach Gehör oder Ich schreibe so, wie ich es höre oder wie auch immer. Jedenfalls scheint es so, als habe sich diese Methode nun erledigt.

Wissenschaftlich untersucht, ergab sich nämlich dieses: Gegenüber der Schülergeneration vor 40 Jahren machen die heutigen Schüler messbar mehr Fehler. Genauer: Sieben Fehler auf 100 Wörter im Jahr 1972 – 2012 waren es 16. Die größten Probleme bereiteten dem Nachwuchs die s-Endungen – Papa, schau mal, da stehen 42 Pony’s auf der Weide! –, die Getrennt- und Zusammenschreibung – Papa, schau mal, wie die Pony’s da zusammen stehen und miteinanderspielen! – und die Groß-Kleinschreibung – Papa, schau mal, das Eine von den pony’s hat ein Buntes band.

Schon vor einiger Zeit berichtete der „Spiegel“ über die gravierenden Nachteile dieser neuen Lern- und Lehrmethode. Wir sollten mit den neuen Erkenntnissen eigentlich wachgerüttelt sein. Unterm Strich steht für die Schüler, dass sie deutsche Wörter wieder lernen müssen. Nach Gehör zu schreiben, las ich neulich, sei, wie nach Gefühl zu operieren. Das passt. Die nach Gefühl Operierten gehen jahrelang in die Reha … vermute ich.

Einen ganz erhellenden Beitrag über dieses Thema lesen Sie hier, im Stern.

Und Sie, die Sie rätseln, was denn da auf dem Titel des Magazins steht, seien hier aufgeklärt: Ich wünsche mir, dass der Sommer warm wird – Viel Lego – Ein Ski – Eine Kamera – Ein Uno – Stifte – Schere(!) – Kniffel(!) – Fußballtrikot – Legolaster – Spielzeugpistole. Mit (!) versehen sind die beiden Wörter, die richtig geschrieben wurden.

Das Wort Spielzeugpistole mit zwei Diphthonge (Doppelvokal, das ist der richtige Plural!), ein paar Zischern und einem P (richtig geschrieben) ist besonders schwer. Kinder, das muss man lernen! Fühlen kann man da nix!

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