Heute sind wir mal nachtragend. Wir tragen nach. Wir ergänzen. Wir machen etwas deutlich. Als erstes kümmern wir uns um den Beitrag vom Freitag (blättern Sie einfach einen Tag zurück). Tenor: Kein Mensch kann sich entschuldigen. Er kann nur um Entschuldigung bitten.
Kaum hatte ich es geschrieben, schon las ich in der Online-Ausgabe der geschätzten Süddeutschen Zeitung etwas über einen österreichischen Provinzpolitiker, der irgendetwas von Asylanten schwafelte, von Juden, und vom Aufhängen. Wäre es nicht so fürchterlich, würde man sagen: eine perfekte Entgleisung, eine Entblößung sondergleichen – und wahrscheinlich genau das, was der Herr wirklich denkt.
Er stößt damit die Tür auf, über die er selbst das Wort Endgültiges Abseits mit reichlich glühweingetränktem (!, siehe unten) Kopf gepinselt hat. Den ganzen Artikel finden Sie hier. Dass einer Juden sagt, aber Duden besprochen haben will, ist nur ein Aperçu in dieser hinterwäldlerischen Posse.
Natürlich, so der Herr, habe er das alles in einer erhitzten Diskussion – Glühwein! Heurigen! Glycolwein! – geschnattert, seine Worte entsprächen überhaupt nicht seinem Weltbild – und schließlich, ja ja, er entschuldige sich. Er ent-schuldigt sich selbst. Dazu ist alles gesagt.
Der Mann aus der Provinz hat es nicht begriffen. Er hat es einfach nicht begriffen. Abtreten bitte!, zum Schämen, um danach Dieter Nuhrs Spruch folgen: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten!
Daran scheinen sich auch die Herren Rösler und Brüderle zu halten, ehedem die Vorreiter der FDP. Auf dem Parteitag der neuen FDP, der nach dem Wahldebakel, schweigen sie – oder zeigen mit dem Finger auf andere: vorzugsweise die Medien, die Kanzlerin, das eigene Wahlvolk, die eigene Partei. Die Süddeutsche Zeitung schickt ihren Online-Redakteur zu der Veranstaltung, und der kommentierte so, wie Sie es im rechten Bildchen sehen, Ausschnitt von heute: Das Wort „Entschuldigung“ fiel nicht einmal. Gibt es an dieser Formulierung ebenfalls etwas auszusetzen? Beileibe nicht. Er stellt nur fest, dass das Wort nicht fiel. Das ist alles. Abgesehen davon glaube ich nicht, dass es Rösler und Brüderle geschafft hätten, das Wort in einen rechten Zusammenhang zu setzen.
Nächster Nachtrag: Vor ein paar Tagen hatte ich etwas über den Glühwein geschrieben, den man auf dem Rosenheimer Weihnachtsmarkt in der Darreichungsform to go anbietet, lesen Sie bitte hier. Ich hatte auch in einem Nebensatz gerätselt, wie denn wohl der Glühwein auf Englisch hieße. Meine durch nichts gestützte Vermutung: Glow Wine.
Nun ja, das sollte ein Scherzlein sein. Dass ich es so schnell ins Ernste würde drehen können, habe ich in der vergangenen Woche nicht geahnt. Am Wochenende besuchte ich die Mutter aller Weihnachtsmärkte, den hiesigen Nürnberger Christkindlesmarkt (dies die einzige korrekte Schreibweise) und fand das Schildchen, das Sie links sehen.
Lernen wir vor allem also ein Wort, das Sie spätestens im Dezember 2014 wieder werden gebrauchen können, wenn Sie beispielsweise das schottische Mull of Kintyre besuchen und sich, gegen den Wind gelehnt, wärmen wollen: A glass of mulled wine, please!
Ich gebe zu, es wäre überhaupt kein Problem gewesen, schon vor ein paar Tagen die richtige Übersetzung zu finden. Sie steht sogar in der Standardausgabe meines Englisch-Langenscheidts auf dem Mobiltelefon. Ich war einfach zu faul.
Fragt sich jetzt nur, woher das Verb mull kommt. Das Oxford Dictionary auf meinem Kindle schreibt dazu: warm (an alcoholic drink, especially wine or beer) and add sugar and spices to it: a glass of mulled wine. Ich darf übersetzen: ein alkoholisches Getränk – besonders Wein oder Bier – erwärmen, Zucker und Gewürze beifügen. Nun beneiden wir den gemeinen Briten um dieses Verb, denn nur vier Buchstaben drücken einen sehr umfänglichen Sachverhalt aus.
Prost!
Und noch ein Nachtrag zum aktuellen Text: Sie wundern sich über Mull of Kintyre oben? Sollten Sie ein Anhänger gepflegter Popmusik sein, kennen Sie diesen Ort. Paul McCartney, der alte Mulled-Wine-Genießer, hat darüber in seiner Wings-Periode das gleichnamiges Lied geschrieben. Lauschen Sie einfach hier hinein! Und wenn Sie bis zum Ende durchsehen: ein wenig Mulled-Wine-Atmosphäre kommt da schon auf …