Sie müssen sich das so vorstellen: Da sitzen Reporter vor verschlossenen Türen und warten auf wichtige Menschen, die hinter den Türen irgendetwas verhandeln.
Die Reporter haben einen Redaktionsschluss, der Ressortleiter drängelt, es wird immer später als geplant, und irgendwann denkt der Reporter: Ich will eine Pizza. Mir reicht’s. So geht das nicht. Die hätten längst fertig sein müssen.
Und dann neigt sich ein Reporter dem anderen zu und sagt: Das ist ja wieder ein Marathon. Und dieses Wort lesen oder hören wir dann, wenn die wichtigen Menschen die Sitzung schließen und etwas sagen: … nach einem wahren Marathon … nach einem Sitzungs-Marathon … Sitzungs-Marathon im Vatikan.
Also, Jungs, wenn die Arbeitgeber mit den Gewerkschaften um 9 Uhr zu verhandeln beginnen und 24 Stunden später – dann drei(!)tagebärtigund hohläugig – ein Ergebnis verkünden, lasse ich das Wort Marathon gelten. Nicht schlecht. In dieser Zeit laufen Profi-Marathonisten die Strecke von 42 km ungefähr acht Mal. Bei Friedensverhandlungen, die sich endlos dehnen, darf man auch von einem Marathon reden.
Aber Himmelherrgott, bei allen Heiligen und beim Schwager Chronos: Im Vatikan gibt es genau einen Marathon, den man zeitlich nicht festlegen kann, weder vom Beginn noch von der Dauer her, und der heißt Konklave. Die wohl längste Sitzung der Welt. In Verbindung mit dem Vatikan würde ich das Wort Marathon nur gelten lassen, wenn es um die Papstwahl geht.
Doch wenn die Kardinäle tagen, ein Gremium aus Herren zwischen 60 und 80, tagen die gewiss nie länger als drei oder vier Stunden. Länger können die gar nicht. Marathon? Ne, eine normale Sitzung.
Und dann lesen Sie noch in der siebten Zeile dieses kleinen Ausrisses das Wort kreirt. Ich vermute mal, es handelt sich um einen schlichten Tippfehler; es sollte eigentlich kreiert heißen, mit einem zweiten E. einerseits.
Andererseits ergibt das nicht viel Sinn. Der Papst kreiert ja keine Kardinäle. Er kürt sie allenfalls.
Aber wahrscheinlich ging dem Autor nach dem Marathon die Puste aus.