Sie lesen die Süddeutsche, die geschätzte, und Sie lesen eine Restaurantkritik im Lokalteil aus der Zeit zwischen den Jahren. Der Autor, ein Herr Lende, hat die Eigenart, sich selbst in die dritte Person zu setzen – was bei dem Namen und dem Genre Gastronomie, Essen unterhaltsam ist. Sehr unterhaltsam, wie ich finde.
Lesen Sie bitte mal den Satz in der ersten Zeile des großen Absatzes; er beginnt mit Wer, wie Lende … Und er endet in der letzten Zeile mit …geschmeckt?“ Dazwischen liegen fünfundfünfzig (in einer Zahl: 55) Wörter, 55! Zehn Satzzeichen und ein Fehler – und beste Unterhaltung.
Bei Lektoratsaufträgen warnt mich ein Programm bei Sätzen mit mehr als 32 Wörtern; habe ich so eingestellt. Dann schaue ich mir den Satz noch einmal sehr genau an. Meist baue ich ihn neu und mache daraus zwei oder drei Sätze; ist einfach besser konsumierbar. Denn nicht jeder Autor, der die Fußstapfen von Thomas Mann oder Martin Walser sieht, kann sie auch ausfüllen. Herr Lende kann es. Ja, er kann es. Ein – genretypisch! – Genuss.
Sie kommen nicht mit? Dann lese ich Ihnen mal den Hauptsatz vor; alles andere sind Einschübe, vulgo: Appositionen und Nebensätze. Wer eine Suppe oder Vorspeise vorschaltet, läuft Gefahr, beim Hauptgang nach der Hälfte kapitulieren zu müssen. Das ist alles! Ruummmms! Bravo.
Und bevor Sie nun auf die Idee kommen, es dem Herrn Lende gleichzutun – überlegen Sie genau, wie Sie den Satz bauen.
Und der Fehler? Rote Beete hat mit einem Beet nichts zu tun; Rote Bete, bitte! Dachte ich. Und schaute noch mal im Duden nach, der mich sanft ohrfeigte: Die Bezeichnung für die Rübenart Rote Be[e]te (von lat. beta, Rote Rübe) schreibt man mit einem oder mit zwei e: Rote Bete / Rote Beete. Kawummmmm!
Danke, Duden!
In eigener Sache: Und da morgen die Ankunft der Herren aus dem Morgenland an der Krippe in der Hälfte des Landes zu einem Feiertag führt (auch im eigentlich evangelischen Nürnberg, aber das regiert das katholische Bayern), lesen Sie morgen keinen Beitrag. Erst am Donnerstag wieder.