Lasst! Euch! Ein!

160128_Grammatik

Ach, was liebe ich sie, die deutsche Sprache. Schauen Sie sich das einmal an! Und vorweg sei gesagt, dass ich jedem Autoren Autor (mein Gott, Herr Schreiber!), der mir mit einem solchen Satz käme, alle meine Rotstifte ungebremst ins Manuskript hauen würde. Ungelogen, so bin ich!

Dies hier aber ist so herrlich gedrechselt angelegt, dass es einem schwindlig wird in all den Nebensätzen der Nebensätze.

Blicken wir genauer hin! Wir haben einen Hauptsatz. Und dieser Hauptsatz tut das, was er nicht tun sollte. Er beginnt und endet am Ende des Zwanzig-Wörter-Gebildes nach mehreren Nebensätzen mit dem entscheidenden Verb.

Ich konstruiere mal ein Beispiel, das klarmachen soll, wie mies es ist, das entscheidende Verb so ans Ende zu packen: Der Vater, dessen Hauptaufgabe es war, die Eisenbahnverbindung zwischen Osterode und Hasewinkel schneefrei zu halten, wenn es so heftig schneite wie in diesem Winter, der der längste seit Dekaden war und immer wieder zu Streckenschließungen führte, an denen der Vater unbeteiligt war, da er seine Aufgabe mit großem Schiebe-Eifer verrichtet hatte, starb an der Eisenbahnerkrankheit: Sehnsucht. Alles klar? Nur Kokolores, bis auf die Tatsache, dass der Vater starb. Und das lesen wir erst am Ende.

Dieser Hauptsatz, der im Bildchen, Quelle: Facebook, heißt: Die Möglichkeiten der deutschen Grammatik können einen überraschen. Noch kein Punkt.

Der Sprachartist will aber noch etwas sagen. Er ist der Meinung, dass einen die Möglichkeiten der deutschen Grammatik nur dann überraschen, wenn man sich – O Wunder! – darauf einlässt: Die Möglichkeiten der deutschen Grammatik können einen, wenn man sich darauf einlässt, überraschen. Noch kein Punkt.

Durchatmen, es geht noch weiter! Er zieht noch in Erwägung, dass es diesen oder jenen geben kann, der sich nicht darauf einlassen will. Also fordert er in einem weiteren Nebensatz – dem ersten untergeordnet – dazu auf, dieses Abenteuer zu wagen: Die Möglichkeiten der deutschen Grammatik können einen, wenn man sich darauf, was man ruhig, wenn man möchte, (auch) sollte, einlässt, überraschen. Jetzt Punkt.

Das ist höchst verwirrend, kunstvoll, irritierend, grammatisch völlig richtig – aber eben ein heftiger Stolperstein. Herrlich!

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