Bleib auf der Parkbank, Liebste!

Screenshot 2016-06-21 10.06.17Und nun sagen Sie mir nicht, Sie verstünden das. Verstehen Sie es? Dann darf ich Sie auf morgen schieben, der Sinn des heutigen Eintrags in mein kleines, feines Tagesbuch wird Ihnen nichts bringen, nur ein: Booeeeeey, sind die hinderwoodlerisch, diese Oldies!

Denn ich glaube, dass es genau darum geht: um Sprache für Jüngere, na, sagen wir nach 1990 Geborene – und für Menschen, deren Geburtsjahr an dritter Stelle eine 4, 5, 6 oder 7 zeigt. Sie wie ich dazu neige, mich neueren Tendenzen digitaler Kommunikation zu verweigern und irgendwann darauf beharre, dass Facebook ja nun ganz weit vorn ist, denkt die Generation meines Sohnes, geboren 1993, dass die Alten alle einen Schuss haben: Ist doch einfach, warum verstehst du das denn nicht?

Langer Rede, kurzer Unsinn: Sie lesen den Ausschnitt aus einem Online-Magazin, das sich Ze.tt nennt, die ersten beiden Buchstaben deuten auf die Mutter hin, die ehrwürdige, seit Jahren toll erneuerte Zeit, Hamburg. Um was es geht? Um einen Dating-Trend, also Umumstößbarkeiten beim Rendezvous, wenn sich die flirtwilligen Neunzehnhundertneunziger beäugeln.

Frisch aus der Kiste, am Zahn der Zeit! und topstaktuell haben Wissenschaflter (hören Sie mein Husten auch in Cloppenburg und Konstanz?) eine Tendenz ausgemacht: Benching. Nun nennt man im Angelsächsischen eine Bank bench, also die zum Sitzen, meine ich. Wer jemanden bencht (ein Wort, das dringend in den Duden musst, wie ich finde), schiebt man ihn auf die Bank, und das erkläre ich Ihnen gern an einem aktuellen Beispiel. Erstes Rendezvous: Sie findet ihn Hammer! Er findet sie na ja, süß! Drei Tage Mobilfunk-Stille. Dann schreibt sie über WhatsApp: Hey, heute Abend ist Fußball, wollen wir zusammen schauen? Er antwortet: Supa Idee, sehr gern, aber ich bin schon mit Tim und Markus verabredet, meine Jungs, habe ich dir erzählt, und da sind Girls nicht erlaubt, auch wenn ich gern möchte. Sorry. Anmerkung des Schreibers: Satzstellung, Rechtschreibung, Kommasetzung im Original anders, aber für Sie korrigiert.

Benching ist, wenn das eine Lüge war. Warum? Weil er sie bencht, er setzt sie auf die Bank, gerne auch auf die Parkbank, dazu unten mehr, der Hauptzweck dieses Eintrags, übrigens. Wenn er die Wahrheit geschrieben hätte, klänge die so: Du, echt nicht, so richtig hat es bei mir nicht geprickelt, aber du bist echt toll. Mach es gut!

Begriffen? Es geht um den Doppelschritt aus Vertrösten und Warmhalten – in keimenden Beziehungen, oder Nicht-Beziehungen. Den ganzen Artikel aus Ze.tt lesen Sie hier, dann sind Sie vollumfänglich auf dem Laufenden über eine Zeitströmung, die total absolut Hammer-ey! neu ist. So was gab es in den Sechzigern und Siebzigern nicht. Niemals nicht. Haben wir nicht getan. Wo kommen wir denn da hin …? So was von neu aber auch. Yummiieeeee!

Heißt das also Benching. Gut. Benching ist das neue Ghosting, schreibt der Artikel auch. Ich glaube, Ghosting ist Benching an Halloween, oder so. Oder mit Ersatzkräften oder falschen Fotos. Keine Ahnung.

Vor allem aber, und nun kommt wieder der konservative alte Sack und Streiter fürs Deutsche in mir durch: Warum Benching? Warum nennen wir das nicht einfach jemanden parken? Herrlich, nicht wahr? Ich parke jemanden, ich parkbanke jemanden, das hat sogar noch eine halbwegs romantische Komponente. Darum nicht, weil Parks heute nach 18 Uhr von Drogendealern und AfD-Anhängern bevölkert sind? Wenn Sie das glauben, dann schlage ich etwas anderes vor, das mein Sohn nicht versteht: jemanden normaluhren.

Erinnern Sie sich? In meiner Jugend (also kurz nach Erfindung der Uhr für alle durch den Nürnberger Peter Henlein, oder so) fanden Rendezvous (richtiger Plural, Sie! Rendezvous’ wäre grottenfal’sch!) grundsätzlich unter der Normaluhr auf dem Bahnhofsvorplatz statt, jedenfalls bei Manfred Schmidt und bei anderen Karikaturisten.

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