Gestern in meiner Heimatzeitung, der Nürnberger. Klar, dass der Lokalteil an dem feinen Wetter des Wochenendes nicht vorbeigehen kann. Sie sehen den Dutzendteich, der heißt so – nicht dass es Teiche in Nürnberg im Dutzend gibt. Sie sehen im Hintergrund die Gebäude des Reichsparteitagsgeländes, einen Schmutzteil der Stadt. Und Sie sehen eine Überschrift zur Bildzeile, die mir gefällt.
Das Wort Stegreif wird oft falsch geschrieben, schauen Sie sich mal die Liste der beliebtesten Falschschreibung auf der sehr ω korrekten Seite korrekturen.de an. Da wird es aufgeführt.
Stegreif hat mit stehen und greifen nichts zu tun. Ich darf die Etymologiker des Duden zitieren, bevor ich deren Erkenntnisse hier mühsam zusammenfasse: In Wendungen wie „aus dem Stegreif“ (d. h. ohne Vorbereitung) dichten, reden und dergleichen und in Zusammensetzungen wie Stegreifspiel „improvisiertes Schauspiel“ (20. Jh.) lebt eine alte, im Dt. bis ins 18. Jh. bildiche Bezeichnung des Steigbügels fort. Die Zusammensetzung mhd. steg[e]reif, ahd. stegareif (anders gebildet: aengl. stigrap) gehören mit dem ersten, nicht eindeutig bestimmbaren Glied zur Sippe von „steigen“. Das zweite Glied ist das unter „Reif“ behandelte Substantiv in seiner alten Bedeutung „Strick“: Das Wort „Stegreif“ bezeichnete demnach wohl ursprünglich eine Seil- oder Riemenschlinge am Sattel. Die oben genannte Fügung „aus dem (älter: im) Stegreif“ kam im 17. Jh. auf und meinte ursprünglich so viel wie „ohne vom Pferd zu steigen, schnell entschlossen“. Ende des Kopierten, besser kann ich es auch nicht.
Meine Nürnberger geht aber noch einen Schritt weiter.
Sonnenfans sind Steg-reif
Das ist wunderbar. Da entsteht ein neues Wort. Das Steg bleibt erhalten, indes nicht mehr im Sinne von Steigbügel, sondern als Steg am oder im Wasser, und was sind wir? Wir sind reif für den Steg. Außerdem: Die Wortessenz spontan, die ja in Stegreif blüht, bleibt ebenso erhalten. Sonne da, und der Mensch zieht wie aus dem Stegreif auf den Steg, denn er ist reif für die Sonne.
Chapeau! Und ein wenig Neid, dass mit das nicht eingefallen ist.