Heute geht es um Fußball. Wir schauen auf die deutsche Spitzenmannschaft, den BVB Dortmund. Und wenn Sie beim nächsten Championsleague-Spiel der Borussen (möglicherweise das letzte in dieser Saison), gefragt werden, für was denn BVB stehe, sagen Sie einfach: Ballspielverein Borussia 09. Das passt immer.
Sollten Sie das im Umfeld des Dortmunder Stadions Signal Iduna Park (Eigenschreibweise in Majuskeln; da es sich hier um einen Eigennamen handelt, darf man die Binder entbinden) gefragt werden, lassen Sie aus Sicherheitsgründen jede Kenntnis über einen anderen Verein in Dortmunds Nähe außen vor. Auch das Tragen der Farben Weiß und Blau (Schalke 04) ist nicht unbedingt opportun.
Meine Schwester, die mit Kickern so viel zu tun hat wie ich mit Ballett und schlechtem Rotwein, hat mir dieses Bildchen aus dem Signal Iduna Park geschickt. Sie rätselt, was denn bitte eine Clearingstelle sei. Und da ich für Sprach-Fragen in der Familie zuständig bin …
… rätsele ich ebenfalls. Die Netzseite des Vereins gibt keinen Aufschluss. Auf der lese ich nur dies, beim Thema Karten für Kinder: Es besteht kein Anspruch auf einen Sitzplatz. Es wird eine Gebühr i.H. 1,-€ für die Ausgabe einer Kinderzählkarte an den Clearingstellen erhoben. Der Gesamterlös wird am Ende der jeweiligen Saison einem karitativen Zweck gespendet.
Ahaaaaa. Also muss ich raten.
Das Wort Clearingstelle wird von den Anhängern des Vereins gewiss nicht verstanden. Ist Englisch, und Fußballfans nicht immer die hellsten Leuchten auf der Tanne, es wird irgendetwas gekliert. Ich geh mal klieren, mit Beispielen.
- Anhänger der Gegner haben zwei Borussen-Dreikäsehochs im Kinderwagen-Alter ohne Begleitung aufgegriffen. Deren Eltern sind so derart im Vollrausch, dass sie ihre eigene Brut nicht mehr erkennen. Kein Wunder, denn auch der Nachwuchs ist einheitlich in Schwarzgelb kostümiert, vom Strampler bis zur Sturmhaube, für die Gesichtsbemalung hat Biene Maja Patin (wenn schon gendern, dann bitte so, auffällig und unerwartet!) gestanden. Die Klierings klieren das nach Vorlage der Geburtsurkunde und aktueller Handy-Videos mithilfe eines Vertreters des Jugendamts.
- Vier Schalker wollten beim Spiel gegen Schalke 04 im Ultra-Block der Borussen Fähnchen schwingen. Es hat heftig geklirrt(!). Auf der Klieringstelle hat man die Nummern der Notfallaufnahme und des Friedhofgärtners.
- Ein treuer Anhänger der Schwatzgelben (so heißen die Borussen im Eigensprech) möchte seine Bengalos abgeben; er hat sein Feuerzeug im Gästeblock der Schalker liegen lassen. Hier kliert man mit pädagogisch einfühlsamen, wertvollen Worten (Hömma, hasse se noch alle? Das gute Zeug wirft man doch nicht weg, du Vollarsch!), dass er sicher bis zum nächsten Heimspiel wieder über ein Feuerzeug verfügen werde.
- Ein Neonazi aus Dortmund-Dorstfeld (aktuelle Ausgabe des gedruckten Spiegel, ω sehr lesenswert) hat sein Brillenputzfeudelchen unter seiner Reichskriegsflagge zu Hause liegen lassen. Hier kliert man gern die Optik.
- Nach fünfzehn Becher Dortmunder Bierchen darf jeder dann immer noch halbwegs nüchterne männliche Schwatzgelbe hier die Blase klieren – bevor er dies über Schalker Wimpeln tut. Vergleiche dazu auch das Dame-muss-auf-die-Toilette-Piktogramm links neben dem Schriftzug.
- Bei strittigen Situation auf dem Spielfeld (Doppel-Hand im Strafraum, übles Foul des Torwarts der Gegner, zwölf Kicker einer Mannschaft auf dem Platz, Abseits im Millimeter-Bereich) liefern die Clear-Rings (Klärer im Ring) genannten Video-Fachleute der Borussia den Schiedsrichtern die Bilder für deren Entscheidung. Die Höhe des Handgelds für die Neutralen wird hier ebenfalls gekliert.
Noch Fragen? Ich sehe, dass alles gekliert ist.
Versucht es doch mal auf Deutsch, ihr Mannen, dann wird es vielleicht auch was mit der Meisterschaft – oder dem Abstieg der Schalker. Muss ja nicht gleich Klärwerk heißen. Vermittlungsstelle? Schlichter?
Siehe dazu auch den ω Beitrag vom 12. März 2019.