Massenproteste

Es gibt sie noch, die alten Lehrsätze (richtig geschrieben, mit -eh-, nicht mit Doppel-E), mit denen ich aufgewachsen bin: die Mahnung zur Lebensgestaltung, zum Christentum und zu preussischer Gradlinigkeit. Im tirolerischen Kössen, einem Weiler hinter der Grenze nahe Reit im Winkl, ziert die Schule das, was in diesen, unserem Lande, sagen wir mal im superprogressiven Berlin, zu Straßenschlachten führen würde.

Stellen Sie sich mal vor, eine Schule in Neu-Kölln, eine typische Problem-Bär-Schule, zeigte Mit Gott in Jugendstil-Schrift an der Fassade. Auf die Straße zögen:

  • die gesamte Lehrerschaft, bis auf die aus Bayern Zug’reisten;
  • die libanesischen Clans der Stadt, in dem Willen, das Gebäude gaaaaanzzzzz legal mit gebündelten Barem zu erwerben und den Schriftzug zu ersetzen durch Die Macht sei mit uns;
  • der Berliner Senat zu großen Teilen. Nur einige aus der CDU bilden heimlichst einen ω Seeheimer Kreisel(!);
  • alle Gleichstellungsbeauftragten der Länder mit Plakaten wie Keine Diskriminierung von Nichtgläubigern_innen! – auf den Lapsus machen sie erst die Letztgenannten dieser kleinen Liste aufmerksam. Die kennen sich mit Schuldnern aus;
  • die Muslim-Verbände, weil ihnen der Hinweis auf Allah fehlt – klare Diskriminierung!;
  • alle Elternvertreter: Darüber wurde nie demokratisch abgestimmt!
  • die radikalen Tierschützer und die Veganer – keine Ahnung, warum, aber das hier geht gar nicht;
  • die Genderistinnen mit dem Hinweis: Nur Göttin*_Gott wäre korrekt, und wenn man sich auf Allah einließe, fehlte dessen weibliche Form;
  • die AfD in Unkenntnis der Gesamtlage und schließlich sie der Herr kein Parteimitglied; überdies habe dieser Herr Gott noch nichts gespendet, noch sei er durch besondere Nähe zur Gauleitung Bodensee aufgefallen.

Als sich alle wieder abgeregt hatten und ein erster Kompromiss in Frakturschrift gemeißelt worden war (Für einige mit Göttin*_Gott, aber nicht für alle!), sahen sie mit Entsetzen die nächste Tafel.

Widerstände? Natürlich! Althergebracht, sei das, man müsse auch die berücksichtigen, die aus mannigfachen Gründen nicht so fleißig sein können wie die Kinder der Bonzen. Bei diesem Spruch zogen sich einige Protestler zurück. Sie verstanden ihn nicht (AfD und die mit Migrationshindergrund) oder sie hielten ihn für grammatischen Humbug (dativgeschulte Lehrer mit Rotstift).

Und dieser Spruch erst. Vollkommen aus der Zeit geraten, pädagogisch widerlegt. Reiner Unsinn. Hier zogen sich auch die Genderistinnen zurück. Sie waren die ermüdeten Hinweise auf Gendergenauigkeit (Was Hänselchen und Gretelchen nicht lernen, lernen Hänsel und Gretel nimmer mehr) einfach satt.

Bei diesem Motto, das irgendwie auf das 18. Jahrhundert und Turnvater Jahn zurückgeht, meldeten sich andere Interessengruppen; sie plädierten dafür, nur dieses Motto gelten zu lassen und alle anderen unter die ω Hilti zu legen: der Deutsche Olympische Sportbund, ein Arzt aus Erfurt, der eng mit Sportlern arbeitet, der Verband Deutscher Autolackierer und die Schrottpresse, ein Szenelokal in Kreuzberg. Sebastian Vettel zog seine Meinung nach einem Shitstorm wieder zurück. Er hatte gelesen: Was rast rostet.

Angesichts des fünften Mottos fiel keinem mehr etwas an. Die übliche Bedenkenträgerinnen aus Politik, Schule und Elternschaft mahnten ermüdet an, dass für einige der Anfang leichter sei als für andere. Gähn!, kam es aus der Klausur des Seeheimer Kreisels, wo sind die Schnittchen? Die Totengräber Berlin e.V., die Vereinigung der Bestatter, wies in einem Kommunique mit den Kabarettistinnen (m/w/x) der Stadt und den libanesischen Clans darauf hin, dass manchmal auch das Ende schwer sei. Und der frisch gegründete Zusammenschluss von festangestellten Klavier- und Tresorträgern Berlin (KTTB e.V. in Gründung), merkte in einer von Alpha24 übertragenen Pressekonferenz an, das alles schwer sei.

Vier Jahre später hatte man sich, nach dem Studium von Theresa May versus Parlament, Johnson, Corbeyn und EU, auf einen zweiten Kompromiss geeinigt. Die Trockenbautrupe Hundertwassers Neue Mannen aus Kössen meißelte den neuen Spruch: Ach Gott, das nie rastende Gretelchen hat es trotz Fleiß immer noch rasend schwer!
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In dieser Woche werden Sie noch einen Beiträge lesen, morgen. Dann mache ich eine Pause. Das Leben fordert mich …

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