Der Richter, so lehrte es meine von Juristen geprägte Jugend, der Richter rechne nicht. Aber natürlich sprach so niemand bei Tisch. Warum sollte man sich des Deutschen bedienen, wenn das Lateinische so nahe liegt: Iudex non calculat, so heißt das, meint aber dasselbe: Dem Richter, heutzutage auch: der Richterin geht es nicht um Addieren oder Deklinieren.
Worum dann? Ich schwenke mal weit ab vom Thema. Richter rechnen nicht, weil die Mitarbeiter der Geschäftsstellen, die plebs im juristischen Prozess, rechnen. Kein Urteil wird aufgehoben, weil falsche Zahlen auftauchen, die werden handstreichartig revidiert, ohne Revision. Erstens. Zweitens sagt der Sinnspruch, dass die Jurisprudenz keine so exakte Wissenschaft sei wie die Mathematik. Punkt. So jedenfalls lese ich das.
Aber nun zum Thema. Iudex non calculat … fiel mir als Erstes ein, als ich diese Spiegel-Online-Meldung las.
Demnach wird ein neuer Prozess angesetzt –
… wegen eines Rechenfehlers.
Nienimmernicht, Leute! Nicht in Deutschland. Nun gut, stellt sich nach drei Jahre heraus, dass der pakistanische Dealer nur 0,1 Gramm Gras geschmuggelt hat statt der dem Urteil zugrunde liegenden einhundert Kilo Heroin, wird des armen Menschen Anwalt ein Wiederaufnahmeverfahren anstreben und wohl auch gewinnen.
Das Wort Rechenfehler taucht dann noch mal auf, im ersten Absatz. Peinlich, peinlich, ihr Spiegler!
Um dann im zweiten Absatz das richtige Wort zu verwenden: Rechtsfehler.
Fristen nicht eingehalten. Peinlich. Und wer ist schuld? Natürlich nicht die Richter. Die Geschäftsstelle ist schuld. Die haben wohl zu lange gerechnet. Die dürfen das ja. Oder sie haben sich beim Zählen der Tage auf dem Kalender heillos vertan. Und kein Richter sagt denen Bescheid …