Ach, fragen Sie einfach nicht!

Liebe Freunde der gepflegten Unterhaltung, liebe Freundinnen des täglichen Lernens. Ich warte heute. Ja, auf was warte ich? Das fragen Sie sich. Wartet er auf eine Inspiration? Wartet er auf den Zug, wartet er gar auf des Christkindls weihnachtliche Schlittenhunde? Nein, ich warte heute mit einem Phänomen der deutschen Sprache auf, das ich in meinem Alltag als Lektor immer wieder auf des Bildschirms farbigem Rechteck sehe.

Sie haben in diesem relativ tumben Einstieg zur heutigen Erläuterung viele Fragezeichen gelesen. Ich sage Ihnen: Alle sind richtig. Schauen Sie noch mal nach. Ein Fragezeichen beschließt ein Satz, der eine Frage darstellt. Er entpuppt sich damit als akademischer Interrogativsatz. Hat er etwas getan Fragezeichen Geht sie nach Hause Fragezeichen Werden wir Weihnachten mit Oma feiern Fragezeichen

Und hier schränken wir gleich sehr klar ein. Das Fragezeichen steht nur in solchen Situationen. Es steht nicht, wenn irgendjemandem irgendetwas nicht klar ist. Ein Fragesatz bedarf auch einer bestimmten Konstruktion, nämlich der Umstellung der Wörter, in der Regel mit dem Verb zum Auftakt.

Schauen wir genauer hin.

Mich interessiert, wohin das Geld verschwunden ist.

Dieser Satz ist ein einfacher Aussagesatz. Konstantin will wissen, wo das Geld ist. Er kleidet das nicht einmal in eine Frage. Nur die Erkenntnis aus diesen Satz lässt alle Fragen offen, vor allem aber die: Wo ist das Geld Fragezeichen

Das Fragezeichen, es hat hier genau was zu suchen Fragezeichen Wenig bis gar nichts, wenn wir ehrlich sind. Es wartet auf was Fragezeichen Auf die finale Tilgung. Und wenn Sie den vorletzten Satz noch mal lesen – Es wartet auf was? – sehen Sie, dass hier ein Fragesatz aufscheint, der nicht mit dem Verb startet. Passiert.

Unter dem Gesichtspunkt dieser neuen Erkenntnis schauen wir uns noch mal ein anderes Beispiel an. Ich kommentiere das nicht mehr, ich frage Sie morgen ab. Ach ja, ich vergaß im Angesicht des letzten Satzes – ich frage Sie morgen ab –, dass nicht jedes Mal ein Fragesatz um Verwendung seines Zeichens bittet, wenn das Verb fragen vorkommt.

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In Vorfreude auf die kommende Woche.
Ich werde mir in der kommenden Woche einen Tag herauspicken, an dem ich Sie besonders fordern werde. Sie fragen sich, warum ich das schreibe. (Hier dürfte ein Fragezeichen stehen oder auch nicht.) Ganz sicher fragen Sie das. Schauen Sie mal im ersten Absatz die Konstruktion weihnachtliche Schlittenhunde und später akademischer Interrogativsatz an. Solch Geschreibsel nennt man Hypallage. Und darum wird es gehen, sagt mir mein Themen- und Ideenflüsterer, ein vierköpfiger Familienvater.

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