Die Wulffin knurrt und purrt und murrt.

Manchmal muss man den Sack hauen, wenn es Spaß macht – und nun macht es mir Spaß. Ich bin auf der Suche nach den miesen purs, den nachgestellten, ungebeugten Adjektiven, die weder nachgestellt werden, noch ungebeugt blieben sollten. Hatte ich schon öfter. Der Kollege Bastian Sick hat diese Ohrenquälerei schon 2004 bemängelt, als reine Puromanie.

Nun gibt mir die Wulff’sche Bettina, die Dame, die sich wichtiger nimmt als das Amt ihres Mann (war das nicht schon immer so bei der?) Gelegenheit, das Wörtchen noch einmal aufzuspießen.

Selbstmitleid pur, steht da als Überschrift bei n-tv. Wir lächeln. Ich zähle noch mal die drei Beispiele auf, die mein digitaler Duden erwähnt: Porno pur wäre fatal, sagt ein Autor, und der Spiegel wird zitiert mit Die eigenen Parteifreunde hatten an dem Frauenvorstand pur anfänglich heftig zu knacken. Und der Klassiker, der Whisky pur. Und auch wenn der Duden* manchmal nachgiebig ist, sehr auf die Umgangssprache eingeht sie als Norm gelten lässt, so bleibt es doch falsch – es verursacht Ohrenschmerz in den Gehör- und Gehirngängen Sprachbewusster.

Und noch mal Wulffs Bettina: Die Welt schreibt: Bettina Wulff hat die Öffentlichkeit satt. Ich weiß nicht, ob die Kollegen das mit Absicht so formuliert haben – oder ob ich lediglich etwas hineinlese, das nicht drin ist.

Falsch, es ist ja drin. Was? Zerlegen wir mal den Satz Bettina Wulff hat die Öffentlichkeit satt. Bettina Wulff ist hier das Substantiv, die Öffentlichkeit der Akkusativ. Sinn: Sie will nicht mehr …

Und nun drehen Sie doch mal Substantiv und Akkusativ um. Wen? – Antwort: Bettina Wulff, Akkusativ –  hat wen wer satt? Die Öffentlichkeit – Substantiv. Sinn: Die Öffentlichkeit will die Dame nicht mehr. Bessere Lesart: Ab in die niedersächsische Provinz und dann mal drei Jahre lang nichts sagen. Nichts! Außer: Buße tun und Demut lernen.

Denn ich glaube, dass die zweite Lesart – jene, die Akkusativ und Substantiv tauscht – stimmt, wenn man den Umfragewerten glaubt. Das Schöne an diesem Satz ist, dass er – weil Substantiv und Akkusativ in beiden Lesarten keine deklinatorischen Besonderheiten aufzeigen – so oder so gelesen werden kann. Herrlich, nicht wahr?
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
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Duden – Richtiges und gutes Deutsch schreibt: In der Sprache der Werbung und in Fachsprachen steht das unflektierte Adjektiv auch nach dem Substantiv: Krönung light; Henkell trocken; Whisky pur; Aal blau; 70 Nadelfeilen rund nach DIN 8342. Ok, die dürfen das also. Die dürfen sich auch ein Loch ins Knie bohren, es mit Wasser auffüllen und warten, bis es gefriert. Sie tun es. Und wir plappern es nach. 
Der Duden schreibt dazu gerade Empörendes: In der Umgangssprache findet sich dieser Gebrauch als ausdrucksverstärkendes Stilmittel: Das war Leben pur (Hörzu). Sport total im Fernsehen (Mannheimer Morgen). Über Fußball brutal reden alle (Hörzu). Sackradi, ich war knapp drei Jahre lang Chefredakteur von Hörzu. Ich schwöre, in meiner Zeit ist das nicht passiert …

 

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