Destinationen sind Reiseziele mit Kerosin

Jaja, wir schauen uns mal wieder die Reisebranche an, jener Branche, die sich gerne in Fremdsprachlichem tummelt. Und machen auch gleich einen kleinen Rückzieher. Denn wenn Sie das Wort Destinationen deutsch aussprechen,  und nicht destinäschns, dann haben Sie ein durchaus brauchbares Wort, das sich dem Lateinischen anlehnt. Die destinatio,destinationis (f) ist das Reiseziel. Und daraus haben wir einen einfachen deutschen Plural gemacht.

Haben wir das gemacht? Ich vermute, eher weniger. Ich vermute einfach, das Wort kam aus dem Englischen, und wir haben es akzeptiert. Um solche Fragen zu beantworten, greife ich wahllos in meine Duden-Sammlung und ziehe den von 1929 heraus. Der kennt einen Destinator: einen Menschen, der auf Seefrachtbriefen als Empfänger angegeben wird. Und direkt an diesen Menschen angeklemmt hat der 29er-Duden die Destination: die Bestimmung. Da ist noch nichts mit Reisen, da ist nichts mit internäschionäl bissnezz und so.

Die Frage bleibt also, warum die gemeine Reiseverkehrsfachfrau nicht einfach Reiseziele sagt, wenn sie Destinationen schreibt. Der Duden, der neueste, hilft indes bei der Rehabilitierung; er gibt zwei Bedeutungen vor:

1. (bildungssprachlich) Bestimmung, Endzweck: es war seine Destination, füŸr das Recht der UnterdrŸückten zu käŠmpfen und dabei sein Leben zu opfern. Diese eine Bedeutung, die ich schon im 29er-Duden gefunden habe, hat sich gehalten. Heute gilt sie als bildungssprachlich, hört, hört! Sagt die Krankenschwester vezweifelt auf dem Esoterikseminar in der Toskana: Ich weiß auch nicht, wohin das Leben mit mir will. Ich suche meine Destination.

Zurück zum neuen Duden und der zweiten Bedeutung:  2. (Flugwesen) Zielflughafen, Bestimmungsort: Sie mieten näŠmlich füŸr die diversesten* Destinationen gleich die kompletten Chartermaschinen (Presse 30. 3. 84, 13).

Und damit wissen wir, dass die Destination dem Flug- und nicht dem Reisewesen allgemein vorbehalten ist. Die Bundesbahn bringt mich nicht an Destinationen, sondern nach Hamburg oder in die Mecklenburgische Seenplatte, die Fähre schafft es nach Brindisi oder Calais, nicht aber an Destinationen. Gut eingesetzt ist das Wort nur, wenn wir den Geruch von Kerosin in der Nase haben – oder am Flughafen stehen, wo dieses Bild da oben, aus der Hand und entsprechend mies, aufgenommen wurde.

Wieder was gelernt, nicht wahr?
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
* Bei diesem Wort diversesten ahnen wir, dass der Autor eine merkwürdige Steigerungsform einführen wollte. Divers ist doch schon gut genug für vielfältig, von unterschiedlicher Art. Das Wort diversest ist ein mieses Wort; es sollte es nicht geben, und ich frage mich, warum der Duden diesen Beispielsatz hat stehen lassen.

 

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