Wo war das, bitteschön ..?

Natürlich, unsere Lehrer haben uns beigebracht, Wort-Wiederholungen zu vermeiden. Das sei, so galt es in der Schule, unfein, und dann spitzten sie Ihre roten Stifte zum Schlängel unter der Wiederholung. Wir Armen haben uns bemüht, von nun an nach anderen Wörtern zu suchen. Wenn wir ein Fußballfeld beschreiben mussten, schrieben wir im nächsten Satz das Spiel-Karree, ging es um einen Apfel, nannten wir ihn im zweiten Satz rote, leckere Baumfrucht – und die Lehrer waren’s zufrieden. Dass Wort-Wiederholungen schlecht sind, ja die Note senkten, hat sich tief eingegraben.

Im Alltag von Menschen, die professionell mit Sprache umgehen, hat diese Art der Paukerei ebenfalls Spuren hinterlassen – vor allem, wenn es um die Namen von Städten geht. Frankfurt wird zur Main-Metropole, Köln zur Domstadt, Hamburg zum Tor zur Welt, München zur Weißwursthauptstadt, Nürnberg zu der der Würstchen (Rostbrat) – aber ist nicht auch das Frankfurter ein Würstchen , und was ist mit dem Wiener? Nein, das ist ja die Praterstadt, wahlweise die Perle der Donau, was Wien vielleicht Budapest streitig macht, wenn Budapest nicht gerade das Tor zur Puszta genannt wird.

Bisher habe ich Sie nur mit bekannten Städten und deren Zuweisung malträtiert. Kommen wir zu rundem Geschichtswissen, das man haben sollte, wenn man diese Städte identifizieren will: die Fuggerstadt – die Till-Eulenspiegel-Stadt – die Jan-Wellem-Stadt. Nun mal ran! Wen meinen wir? Augsburg – Eutin Mölln – Düsseldorf. 

Und so kam es, dass ich in meiner Heimatzeitung, der Nürnberger, eines Tages ein Hinweis auf die Hugenottenstadt fand. Himmel, hilf! Welche ist die Hugenottenstadt? Des Rätsels Lösung: Erlangen. Erlangen, weil es hier einen Zusammenhang zu einer Geschichte aus dem Jahr 1987 gibt. Selbst in der Nachbarschaft von Erlangen, in der Albrecht-Dürer-Metropole und in der Ronhof-Stadt, kennt nicht jeder Zuordnung: In Nürnberg (Dürer, 1471-1528) und in Fürth (der Ronhof ist das älteste deutsche Stadion, das noch professionell bespielt wird) sagt man Erlangen. Und wie das Internet mir zeigt, bezeichnen sich Neu Isenburg und Bad Karlshafen ebenfalls als Hugennottenstädte. Welche, bitteschön, ist denn nun hugenottiger?

Doch wir finden nicht nur die netten Beinamen, die überflüssigen. Wir finden im stinkenormalen Sprachalltag auch so etwas, wie Sie es links lesen, im Ausschnit aus dem Internet-Auftritt der Frankfurter Allgemeinen über das Spiel der Schalke gestern Abend in Montpellier, Südfrankreich. Weil der Schreiber seinen Deutschlehrer hinter sich sieht und schon zehn Mal Montpellier geschrieben hat, greift er nun zum Schnörkel: … in der Metropole der Urlaubsregion Languedoc-Roussillon. Ohmei …

Und was lernen wir daraus? Vergessen Sie den Rotstift des Lehrers. Fürth ist Fürth ist Fürth. Montpellier ist Montpellier ist Montpellier. Und Hamburg immer nur Hamburg. Sonst nichts. Nun könnten Sie einwenden, dass ja gerade die Zuweisung zu bekannten Städten eindeutig seien – und man müsse es eben wissen.

Wie bitte? Hamburg, Tor zur Welt? Was ist mit Bremerhaven? 

Wie bitte? Köln, die Domstadt? Was ist mit Speyer?

Wie bitte? München, Weißwursthauptstadt? Ich bin sicher, in Regensburg oder in Landshut werden prozentual ebenso viel Weißwürste gehäutet wie in München.

Wie bitte? Frankfurt, Mainmetropole? Was ist mit Würzburg?

Daran sollten Sie denken, wenn Sie in diesen Tagen Ihren ehemals bezapften, nun nur noch benadelten, immergrünen Ex-Waldherumsteher schmücken. Arme Tanne!

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