Beug Dich, Eigenname!

Ich muss sie bitten, genauer hinzusehen, auch wenn da ein Schatten über dem Ausriss der Nürnberger Zeitung von gestern liegt. Inhaltlich geht es um die Tatsache, dass der sogenannte Saal 600 des Nürnberger Justizpalastes bald nur noch als Museum genutzt wird.

Für alle Nicht-Franken oder geschichtlich weniger Eingeweihte: Im Saal 600 fanden nach dem Krieg im Rahmen der Nürnberger Prozesse jene gegen die Naziverbrecher statt. Der Saal 600 gilt seither als die Geburtsstätte des Völkerrechts. Die Stadt Nürnberg wird diesen Saal, in dem heute noch Strafprozesse stattfinden, künftig in das „Memorium Nürnberger Prozesse“ eingliedern.

Sie wissen, dass es hier nicht um Geschichte geht. Hier geht es um Sprache. Und mit dem letzten Satz habe ich mich aus der Verantwortung geschlichen. Ich habe das „Memorium Nürnberger Prozesse“ in Anführungszeichen gesetzt, damit gesagt, dass es sich hier um einen Eigennamen handelt – und sonst nichts. Die Nürnberger Zeitung hatte es da schwerer: In dem Satz nämlich … könnte dann Teil des vor zwei Jahren eröffneten „Memoriums Nürnberger Prozesse“ werden … hatten es die Redakteure mit einem Genitiv zu tun. Und es stellt sich die knallharte Frage, ob das richtig ist. Ist es richtig, einen Eigennamen – auch wenn er sich noch nicht über die Grenzen Nürnbergs hinaus festgesetzt hat – zu beugen?**

Ist es. Die Kollegen haben hier alles richtig gemacht. Eigennamen, die in normalen Sätzen auftauchen werden gebeugt, auch wenn man sie nicht in Anführungszeichen setzt. Die Kollegen des Sterns haben recherchiert …Aldis Preise begeistern alle …  –  Schwartaus Marmelade klebte heftig … – Er schlug die Tür seines Audis zu, als sei es die eines BMW.

Hoppla, muss bis da nicht BMWs heißen?

Im Prinzip schon, nur wehren wir uns dagegen, hinter Abkürzungen aus Großbuchstaben noch ein kleines S für den Genitiv zu hängen*. Die Mitglieder des ADAC genießen alle Vorteile … auch die des Rechtsschutzes der ARAG.  Und ARAG schreibt man eigentlich Arag***, in Kleinbuchstaben, auch wenn sich die Firma selbst in Großbuchstaben schreibt.
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
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Mit dem Phänomen der Schreibweise von Firmennamen befasse ich mich in der September-Ausgabe des Deutschen Sprachkompasses, die heute zu den Drucker nach München ging. In der Sonderausgabe September geht es um 66 knifflige Fragen zum gebrauchtes Gebrauch des Deutschen – ein reines Frage- und Antwortheft. Wer sich informieren will, klicke bitte hier.
**  Solange sich der Begriff „Memorium Nürnberger Prozesse“ nicht wirklich durchgesetzt hat, kann man ihn ruhig in Anführungszeichen setzen; dafür spricht auch, dass er aus drei Wörtern besteht, von denen eines, das erste, nicht wirklich geläufig ist. Wenn sich der Begriff durchgesetzt hat, gibt es keinen Grund, die Anführungszeichen beizubehalten; Eigennamen gehören nicht grundsätzlich in Anführungszeichen.
***  Die seriösen deutschen Zeitungen und Magazin scheren sich zu Recht einen Dreck darum, ob sich, beispielsweise, SCHINDLERS VERSICHERUNGSAGENTUR GMBH selbst in Versalien schreibt. Es wird nicht im Versalien geschrieben, wenn er in die Medien kommt. Abkürzungen mit maximal drei Buchstaben werden hingegen in Versalien geschrieben (CDU), Abkürzungen mit mehr als drei Buchstaben tauchen nur wer sein versal auf, wenn man den Begriff nicht einfach sprechen kann. Daher ADAC (A_D_A_C), aber Arag (Arag). Und auch wenn sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, kurz: Bund, gerne BUND geschrieben sähe: Pustekuchen. Man kann „Bund“ Bund sprechen.

 

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