Mein neuer Freund in Hongkong und mein Konto

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Heißa, was haben wir denn da? Was landete soeben in meinem Briefkasten, dem elektronischen? Der Hinweis, ich sei eine hochangesehene Person. Ich fühle mich geschmeichelt.

10:47 an diesem Freitag. Ich vertraue Herrn Dr. Hu Zuliu Fred. Er will mit der Bank, der hochangesehenen – wir passen gut zusammen, die Bank und ich – Hang-Seng-Bank (die gibt es ebenso wie diesen Index,der nach der Bank benannt wurde), etwas Geniales abwickeln. Er hat meine Daten seit 20 Minuten. Nun warte ich darauf, dass er mir sagt, wie ich an 30 Prozent von 15,5 Millionen US-Dollar komme. Das macht …  4,65 Millionen Dollar, folglich … 4,19 Millionen Euro. Heißa! Schnell verdientes Geld!

11:36 an diesem Freitag. Ich warte immer noch auf meinen neuen Freund aus Hongkong. Ob ihm etwas passiert ist?

12:45 an diesem Freitag. Ob er verschnupft ist, weil ich Nürnberg geschrieben habe und nicht das international gültige Nuremberg, so wie München allerorts außerhalb der Republik Munich heißt.

13:02 an diesem Freitag. Warten auf das Geld. Dr. Hu Zuliu Fred hat meine Bankverbindung und ein paar Transaktionsnummern – vertrauensbildende Maßnahme meinerseits.

13:14 an diesem Freitag. Ich lese den Brief meines neuen Freundes noch mal. Klingt schon komisch, das alles. Ob er gar nicht mich meint? Undisclosed recipients, das bedeutet wohl, er hat seinen freundlichen Brief an viele geschrieben. Und warum hat er eine Adresse in Hongkong (…@yahoo.com.hk) und eine weiter oben aus Tschechien (…@tiscali.cz)?

13:44 an diesem Freitag. Jetzt hat er sich endlich gemeldet. Aus der Ukraine. Weitgereist, mein neuer Freund. International, der Herr Doktor. Er muss auch hochangesehen sein. Er grüßt mich freundlich und sagt, ich solle doch mal die Kontobewegungen anschauen auf meinem Sparkassen-Konto.

13:46 an diesem Freitag. Uhhhh, das Konto ist leer. Ich bin mit 134.564,46 Euro im Minus*, seit zwei Minuten. Ich hätte hellhörig sein müssen ob der paar Deutsch-Fehler in dem Text. Aber der gemeine Hongkonger (so heißen die Einwohner von Hongkong wirklich) kann halt nicht so perfekt Deutsch, auch nicht, wenn er auf der Universität war für eine Doktor-Arbeit.

13:47 an diesem Freitag. Die Bank ruft an. Wie ich das auszugleichen gedenke …? Und warum ich 46 Ballen moldawische Seide gekauft hätte …? Da muss ich mal meinen neuen Freund fragen. Scheint eine prima** Anlage zu sein …
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
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Klar, dass man Minus hier großschreibt, ist ein Nomen, ich bin in dem Minus.
** Es gibt einige Adjektive, die nicht gebeugt werden, auch wenn Adjektive sonst der Kongruenz anheimfallen, also der – wie der Duden es nennt – grammatikalisch-formalen Abstimmung der Satzglieder. Beispiel gefällig? Der Begriff grammatikalisch-formalen Abstimmung im vorhergehenden Satz steht im Dativ. Diese Abstimmung fällt wem anheim? Das Adjektiv grammatikalisch-formalen muss ebenfalls im Dativ-Singular stehen, weil es in die Kongruenz zu Abstimmung gepresst wird.
Zurück zu prima. Eigentlich sollte es im letzten Satz (13:47 an diesem Freitag) heißen … scheint eine primae Anlage zu sein … oder: scheint eine toppe Anlage zu sein …  Ist aber Murks, weil sich einige Adjektive der Kongruenz entziehen: klasse, prima, super, top zum Beispiel. In der Fachsprache nennt man diese kleine Gruppe Indeklinable, also Unbeugbare, Unflektierte.

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