Nach diesem denkwürdigen Abend und der denkwürdigen Nacht, den Bildern vom konsternierten Messi, vom blutenden Schweinsteiger, einem mental abwesenden Christoph Kramer und der Freude allerorten gehen wir zum Alltag über, schweren Herzens. Wir befassen uns mit Straßennamen und den Regeln zur Bildung derselben. Ganz profan, kein Wort mehr über Fußball. Leser Robert W. aus Berlin, der mir auch das Bildchen vom Freitag, das Sushi-Bildchen, geschickt hatte, macht mich auf die Kleine Gertrauden Straße in Berlin aufmerksam.
So steht respektive stand es da, das Sträßchen in der Nähe der Gertrauden Straße … ähhhh Gertraudenstraße. Und nun stellen wir uns mal ganz dumm. Straßennamen werden meist einfach gebildet: Wir haben eine Bezeichnung – testweise hier mal: Blumen – und hängen etwas dran, das wie eine Ortsangabe klingt: Straße, Weg, Platz, Allee, Gasse: Blumenstraße – Blumenweg – Blumenplatz – Blumenallee – Blumengasse. Punkt. Ganz einfach. Wer will sich da verkünsteln und eine Blumen-Allee werkeln?
Problematischer wird es nur in drei Fällen: Erstens, wenn wir mehrgliedrige Eigennamen als Basis haben (hier: Fall A), zweitens bei geographischer Herkunft auf -er, hier: Fall B, und drittens bei – selten genug! – bei Zusätzen, beispielsweise Adjektiven, hier: Fall C.
Fall A: Johann Wolfgang von Goethe würde nie im Johann Wolfgang von Goethe Weg oder Johann Wolfgang von Goetheweg wohnen. Abgesehen davon, dass es wohl zu Lebzeiten (1749-1832) des Großen keinen Weg gab, der nach ihm benannt wurde (lasse mich gern eines Besseren belehren), hätte er auf Koppelungen zum Johann-Wolfgang-von-Goethe-Weg bestanden. Wie also schreiben wir den nach Angela Merkel benannten Platz? Richtig. Angela-Merkel-Platz. Gibt es den schon? Übrigens, natürlich würde Goethe in der Goethestraße wohnen.
Fall B: Rührt der Name der Straße aus dem weiten Kreis der Geograhie und endet er auf -er, trennen wir die Wörter: Sylter Weg – Berliner Straße – Potsdamer Platz – Zerzabelshofer Hauptmarkt – Neusiedler Allee.
Fall C: Straßennamen aus mehreren Gliedern schreibt man getrennt, wenn sie mit einer Präposition, einem Artikel oder einem gebeugten Adjektiv daherkommen: An dem Quaderstein – Breite Gasse – Lange Reihe – Neuer Wall (gibt es beide in Hamburg) – Zu den Acht Herbergen – Große Rainstraße. Aber, noch einmal Hamburg: Hoheluftchaussee, weil der Stadtteil Hoheluft immer schon als ein Begriff gesehen wurde.
Große Rainstraße? Ja, die gibt es in Hamburg auch. Und genau so wird sie geschrieben. Rainstraße zusammen, siehe: Normalfall von Straßennamen-Bildung. Und das Adjektiv dazu groß. Nur die Kleine Gertrauden Straße in Berlin, die wehrt sich. Sie will nicht zusammengezogen werden, sie sträubt sich gegen § 162 des Regelwerks.
Nun, geben wir es zu. Sie wehrte sich nicht lange. Kundige Menschen wie Robert W. haben den Senat der Stadt aufmerksam gemacht auf dieses Debakel, das dem um den neuen Flughafen in nichts, aber auch in gar nichts, nachsteht. Und der Senat der Stadt hat ein Flughafengebäude an der zum BER führenden Gott hilf von Peinlichstraße(!) abreißen lassen und das Geld in die Berichtigung gesteckt. Nun heißt sie wieder richtig.
Na, geht doch!
Und doch noch ein Wort zur WM: Ich habe hier meine Tipps vor den Spielen kundgetan, und nicht so ganz daneben gelegen, jedenfalls nach der Gruppenphase nicht mehr. Wenn Sie noch mal hinschauen mögen, die Seite wird gegen Ende der Woche aus dem Netz(!) genommen, nachdem wir – Achtung, Fußballer-Wortspiel! – oft genug eingenetzt(!) haben.
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Und nun wieder zur beliebten Serie Deonyme, gestern – heute – morgen, Teil 4. Heute: Politisches
– Auffallend ist, dass sich wenig demokratische politische Richtungen den Namen ihrer Vordenker und Gründer geben: der Marxismus, der Leninismus, der Maoismus, der Stalinismus, den Titoismus. Als einziges Deonym, das auf demokratischer Politik beruht, finden wir den Thatcherismus.
– Für seine Politik wurde er bekannt, vor allem aber für seinen Anzug: Der Reichsaußenminsiter und Friedensnobelpreisträger Gustav Stresemann trug das elegante Teil, den Stresemann, mit Würde; er setzte Maßstäbe.
– Die setzte auch Peter Hartz. Weithin bekannt ist auch, dass die Versorgungsleistung Hartz IV auf einen Namen zurückgeht: auf Peter Hartz, den Kanzler Gerhard Schröder einsetzte, um jenes Gesetzeswerk vorzudenken. Peter Hartz war damals Personalvorstand der Volkswagen AG in Wolfsburg.
– Schreckenssymbol der französischen Revolution: die Guillotine. Wer hat‘s erfunden? Der Arzt und Politiker Joseph-Ignace Guillotin, der als Gegner der Todesstrafe meinte, eine schmerzbefreite Methode des Trennens von Kopf und Rumpf geschaffen zu haben.