Sparchsnöden, Folge VII: Auf und zu!

Schreiber und Sprecher machen Fehler, und wer hier welche findet, darf sie behalten. Es gibt indes Fehler, die immer wieder vorkommen. Auf diese dicken Hunde geht diese Serie ein, in loser Reihenfolge, also: immer, wenn mir danach ist, mal wieder den Herrn Besserwiss zu geben, den vermeintlich unfehlbaren.

Ich höre immer wieder, wie manche Leute sagen, die Flasche ist auf, das Fenster ist auf, schreibt mein Neffe Paul. Paul beklagt sich darüber, dass auf und zu falsch oft eingesetzt werden.

Recht hat er, der Gute – und dann auch wieder nicht, zu meinem Bedauern.

Ich mache zwar ein Fenster auf, das Verb dazu heißt aufmachen und ist sicherlich nach dem Verb öffnen nur zweite Wahl, weil es aus der weniger gut beleumundeten Familie der Machens&Tuns stammt. Wenn das Fenster dann geöffnet wurde, ist es nicht auf, es ist offen. Das Fenster ist offen, muss es heißen, Paul. Die Flasche mache ich auf, sie ist dann offen. Hier darf jeder eine Analogie bilden zum Beispiel vorher. Die Wurstscheibe ist abgeschnitten worden, aber damit ist sie noch lange grammatikalisch nicht ab. Alles klar?

Nein.

Denn der Duden widerspricht hier. Auf Seite 223 platziert die Redaktion einen kleinen Kasten mit den Wörtern um auf herum. Auf sein (zwei Wörter!) wird da zugelassen, wenn auch nur umgangssprachlich für geöffnet sein oder nicht mehr im Bett sein. Schade, Paul!

Ab sein gibt es im Duden nicht, müsste auf Seite 167 stehen.

Zu sein gibt es im Duden, Seite 1203; umgangssprachlich wie Auf sein.

Kann man nichts machen, Paul. Man darf hinweisen auf den umgangssprachlichen Gebrauch, aber so richtig „Ich echauffier mich heillos“-grottenfalsch ist es nicht.

Besonders fürchterlich wird es dann, wenn Sprecher aus dem Adverb (denn das hat man in den obigen Beispielsätzen aus den Vorsilben oder den Präposition zu, auf, ab gemacht) quasi im Gegenzug (… ab heute wird zurückgeadjektivt …) auch noch ein Adjektiv schneidern:
* Her mit die aufe Flasche!
* Geh weg vons zue Fenster!
* Such ma jetzt ne aufe Apotheke!
* Lass mich die abbe (!, lautmalend mit zwei B …) Scheibe Wurst!
* Nachm Krieg hatte der ein abbes (… oder gesprochen: appes) Bein.

Ich gebe zu, häufig höre ich das nicht, aber in meinen westfälischem Herkunftsgebiet – Großraum Münster, Bielefeld, Paderborn – wundern sich Sprechende, wenn sie auf dieses Phänomen hingewiesen werden: Mensch, Kerl, geh mir doch ab mit dein Scheiß!

Geh ich auch. Einmal gesagt und nie wieder!

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Dies ist Folge VII der Liste der Sprachsünden. Die ersten sechs finden Sie hier:
Das und dass X Das pur X Seit und seid X die Alternative X derselbe/dasgleiche X Extremst

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