Bald ist ja wieder WM. Und was macht der gemeine deutsche Kerl? Er befasst sich mit jedem Schritt, den unsere Jungs, die Mannen von Jogi, unternehmen. Hustet einer, ist dies das Ende der Weltmeisterschaft, schreibt einer eine irritierende Mitteilung auf Twitter, bangen wir um den Pokal. Und als Herr Löw entscheiden musste, welche 23 Mannen er wirklich mit nach Brasilien nehmen sollte, kommentierten dies nicht nur die Fachleute, sondern auch das Forum auf spiegel.de.
Sollte man einige der angeschlagenen Recken vielleicht in eine Kirche bringen, um sie dort beten zu lassen? Oder sollte Herr Löw beten, auf dass dieses Knie und jene Schulter gesund werde*?
Sie merken schon, es geht um das Wort gesundbeten. Gesundbeten – zusammengeschrieben, so ist es richtig.
Ich erwähne das nur, weil gesundbeten ein wunderbares Beispiel dafür ist, wie man solche Verben, die aus einem Adjektiv und einem Verb zusammengesetzten, behandelt. Lassen Sie sich doch einmal diesen Satz auf der Zunge zergehen: Er ging in die Kirche, um gesund zu beten. Wir lesen darin: Er war vorher krank, nun wieder gesund, und eben dieses, die Gesundung, feiert er in der Kirche.
Gesund beten – das Gebet im gesunden Gesamtzustand – hat aber nichts zu tun mit dem Akt, den Sie sich vorstellen, wenn Herr Löw Herrn Neuer und Herr Lahm (selten war Nomen so sehr Omen) in stiller Andacht im Knete-Zimmer von Herrn Müller-Wohlfahrt (für Laien: ein Senior mit wallendem Haupthaar, dem Aussehen eines gerade mal 49-Jährigen und wahrlich betenden Physiotherapeuten-Fingerchen) … wenn also Herr Löw Neuer und Lahm gesundbetet oder gesundbeten lässt.
Lehrsatz: Sind beide Bestandteile des Verbs – hier: gesund und beten – in ihrer ursprünglich Bedeutung gemeint, schreibt man sie getrennt. Geht es eher um eine Bedeutung im übertragenen Sinne, klöppeln Sie bitte die beiden Teile zusammen.
Ich greife zu einem anderen Beispiel: Fehlerhafte oder kritische Kommentare aus Social Media werden in aller Regel nicht gelöscht, sondern umgehend richtig gestellt. Upssss.
Vor Augen haben wir beim Lesen dieses Bild: Die fehlerhaften Kommentare werden waidmännisch umzingelt und mit großem Halali gestellt. Und wie? Richtiggehend. Lassen Sie lieber diesen Satz zu: Fehlerhafte oder kritische Kommentare aus Social Media werden in aller Regel nicht gelöscht, sondern umgehend richtiggestellt. Richtigstellen heißt das Verb.
Und das üben wir nun noch einmal mit diesem Verb: + krankschreiben. – … weil er krank schrieb. Der Arzt musste Herrn Löw krankschreiben (Depression nach dem Verlust des Führerscheins), daraufhin entschied Herr Löw, einen Brief krank zu schreiben – und eben nicht in gesundem Zustand.
Als weitere Beispiele, die Sie den ganzen Tag über auswendig lernen können:
+ blaumachen vs. … weil sie die Wände blau machte …
+ schönreden vs. … schön reden konnte er …
+ gutschreiben vs.… er konnte gut schreiben …
+ weiß machen vs. … weil sie die Wände weiß machte.
Aber: … weismachen … das konnte ihr keiner weismachen. Kommt von weise, hat mit der Farbe nichts zu tun. Und wird immer zusammengeschrieben. Ist aber auch schwer, das Deutsche! Manno!
Aber wenn Sie regelmäßig die deutschmeisterei lesen, sollte es Ihnen nicht mehr so schwer fallen … ähhh … schwerfallen.
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
* Wir werfen jetzt einen wirren Blick auf diesen Satz: Oder sollte Herr Löw beten, auf dass dieses Knie und jene Schulter gesund werde? Mein Magendrücken rührt vom Singular des Verbs am Ende: werde. Was soll gesund werden? Knie und Schulter, zwei Körperteile, Plural. Oder sollte Herr Löw beten, auf dass dieses Knie und jene Schulter gesund werden? Mein Bauchgefühl sagt, der Singular sei besser – mein Grammatik-Hirn dehnt sich und ruft mir zu: Plural! Plural! Kann es sein, dass hier – rein gefühlsmäßig – nicht die beiden Körperteile die Zahl, den Numerus im Verb, ausmachen, sondern ein irgendwie gearteter, wild bedachter, ja gefühlter Gesamtzusammenhang in diesem Nebensatz? Ich gehe ratlos in diesen Tag …