Dies ist eine einfache Meldung meiner Heimatzeitung. Die Nürnberger übernimmt wohl die Nachricht eine Agentur und präsentiert sie den überraschten Lesern.
Ich habe dieses Beispiel auch ausgewählt, weil es so schön ist, weil die Geschichte so schön ist: Beinahe gestorben wäre der 50-Jährige, und dann passiert ihm das, was zuletzt Schneewittchen nach ihrem Dienst bei den sieben Zwergen passiert ist, als der Prinz mit ihr im gläsernen Sarg auf dem Weg zur Erdbestattung unterwegs war. Wir tauschen den vergifteten Apfel der Stiefmutter gegen das Bonbon*: Hicks – und schwupp, war sie/er gesund.
Aber ich suche ja keine Meldung heraus, um den Inhalt zu präsentieren. Ich will mich vielmehr mit ein paar Passagen dieser Meldung erfassen befassen, sprachlich natürlich.
(1) Der erste Satz steht im Perfekt; das ist richtig. Doch schon beim zweiten verlassen wir das Perfekt. Wir begeben uns in den Konjunktiv Perfekt. Gelernt haben wir, dass der Konjunktiv vor allem in wörtlicher Rede steht. Wer spricht hier? Niemand. Die Agentur hat wahrscheinlich angegeben, dass die Polizei mitteilt – und die weiterverarbeitende Nürnberger hat, wohl aus Platzgründen, die Quelle gestrichen. Dies zieht sich durch den gesamten Rest der Meldung.
(2) … am Steuer während der Fahrt … Beim ersten Lesen war ich der festen Überzeugung, dass … am Steuer … immer … während der Fahrt … bedeute. Das ist natürlich Quatsch; man kann auch am Steuer sitzen, während der Wagen steht. Alles richtig gemacht.
(3) Geisterfahrt in Anführungszeichen. Warum setzt man das Wort in Anführungszeichen? Wann ist eine vermeintlich harmlose Geisterfahrt war? Weil es ja keine Geisterfahrt im Sinne eines suizidialen Idioten war? Weil alles glimpflich ablief? Das war eine Geisterfahrt. Eine Geisterfahrt ist eine Fahrt, die ohne Geist abläuft, hirnloses Unterwegssein, ob nun von Menschen ohne Verstand oder von umnebelten Menschen wie bei dem Taxifahrer.
(4) … angegurt gewesen seien … Puuuh, nun wird es krude. Im Konjunktiv wird angegeben, dass eine Handlung vollendet sei. Da sollte das Präteritum stehen, denke ich. Denn die beiden sind ja nun nicht mehr angeschnallt. Anders verhält es sich mit der Tatsache, dass sie überlebt haben. Dieser Zustand hält an – und ist damit nichts fürs Präteritum. Auch wenn das sehr spitzfindig klingt, wäre dieser Satz wohl richtig: Weil Fahrer und Fahrgast angegurtet waren, hätten beide die Kollision unverletzt überlebt. Damit wird klar, dass jemand spricht (die Polizei, wörtliche Rede, Konjunktiv), und es wird auch klar, dass eine abgeschlossene Handlung in der richtigen Zeitform steht.
Einwände? Widerspruch?
Auf jeden Fall eine Anmerkung: Bringen Sie dies bitte mal Menschen bei, die Deutsch nicht als Muttersprache gelernt haben.
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
* Etymologisch hat das Bonbon hier seinen Sinn erfüllt, gerade in der Doppelung: Der Duden schreibt: Bon|bon [bɔŋ’bɔŋ, auch, österreichisch nur: bõ’bõ:], der oder (österreichisch nur:) das; -s, -s [französisch bonbon, Wiederholungsform von: bon < lateinisch bonus = gut]. Für was so ein Lutschstück alles gut-gut(!) sein kann …